Berlin - So schnell ist Alexander Dobrindt (CSU) nicht aus der Ruhe zu bringen. Immer wieder wollen Journalisten am Mittwoch vom deutschen Verkehrsminister wissen, ob Deutschland nun eine "Ausländer-Maut" bekomme. Dobrindt lächelt. Dann sagt er: "Die Pkw-Maut kommt." Und: "Wir haben eine Infrastruktur-Abgabe beschlossen." Die Bezeichnung "Ausländer-Maut" - im Wahlkampf vor einem Jahr noch gern und oft gebraucht - will ihm heute nicht mehr über die Lippen kommen.

Wie auch immer man die Neuerung bezeichnen will - sie wurde am Mittwoch vom deutschen Kabinett durchgewunken. Für Dobrindt und die CSU war das somit ein guter Tag, und dementsprechend schwärmt der Minister von der Maut: "Sie ist gerecht, weil wir diejenigen angemessen an der Finanzierung unserer Straßen beteiligen, die diese bisher kostenlos nutzen."

Gemeint sind Pkw-Fahrer, deren Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen nicht in Deutschland zugelassen sind. Sie zahlen, wie Kfz-Halter in Deutschland auch, ab Jänner 2016 einen Betrag zwischen 24 und 130 Euro jährlich. Dieser wird von der Größe des Hubraums und dem Schadstoffausstoß abhängen.

Rückerstattung der Kfz-Steuer

Den Deutschen jedoch werden die Kosten über eine Senkung der Kfz-Steuer rückerstattet. So will Dobrindt das CSU-Versprechen einlösen, dass die Maut nur ausländische Pkw-Halter belasten werde.

Für die Ausländer gibt es noch zwei Abweichungen. Im Gegensatz zu den Deutschen müssen sie die Maut nur bezahlen, wenn sie das 13.000 Kilometer lange Autobahnnetz nutzen, nicht jedoch wenn sie auf den 39.000 Kilometern Bundesstraße unterwegs sind. Und sie können auch eine Zehn-Tages-Vignette für zehn Euro oder eine Zwei-Monats-Vignette (22 Euro) erwerben.

Insgesamt soll das Vorhaben dem deutschen Staat pro Jahr, nach Abzug aller Kosten für die Erhebung, 500 Millionen Euro bringen. Doch bevor es so weit ist, muss zunächst der Bundestag zustimmen. Die SPD will sich die Ausländer-Maut noch einmal genau anschauen. "Das wird ein schwieriges Gesetzgebungsverfahren", sagt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Er habe "Zweifel", dass die geplante Maut nicht andere EU-Bürger diskriminiere.

Bedenken in Brüssel bleiben

Diese Bedenken gibt es auch in Brüssel, und zwar ganz massiv. Erst am Wochenende hatte die neue EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc Dobrindt geschrieben, der bisher der Kommission zur Prüfung vorgelegte Gesetzestext werde "auf einen Bruch des fundamentalen Vertragsprinzips der Nicht-diskriminierung hinauslaufen". Denn die Anrechnung der Pkw-Maut auf die Kfz-Steuer bevorteile deutsche Autofahrer, weil nur sie dadurch entlastet würden.

Doch Dobrindt lässt sich davon nicht beeindrucken. Er erklärte am Mittwoch: "Die Maut ist europarechtskonform, das haben wir belegt und der EU mitgeteilt." Österreich und die Niederlage haben bereits mit Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gedroht, sollte die Maut in der beschlossenen Form kommen.

Dobrindt stellt den aufgebrachten Nachbarländern jedenfalls für die kommenden Monate "gute Gespräche, engen Kontakt und Austausch" über das leidige Thema in Aussicht. (bau)

Noch ist es nicht so weit. Aber ab 2016 sollen Autofahrer auch in Deutschland Maut bezahlen. Den Inländern jedoch wird der Betrag über die Kfz-Steuer erstattet. (bau, DerStandard, 18.12.2014)