Wien – Rechtsanwalt Manfred Ainedter ist naturgemäß oft vor Gericht. Allerdings selten auf der Anklagebank. Am Mittwoch ist es soweit: Die Privatanklägerin Anna Zeitlinger wirft dem 63-Jährigen üble Nachrede und Kreditschädigung vor.

Es geht um die Causa Alijew, Ainedter hatte im ORF behauptet, die Kanzlei Lansky, Ganzger und Partner sei an Beweismittelfälschung zum Nachteil seines Mandanten Rachat Alijew beteiligt gewesen. Zeitlinger, die die Kanzlei berät, will sich das nicht gefallen lassen.

Im Gegensatz zu den meisten Medienprozessen ist die Stimmung im Saal, vorsichtig ausgedrückt, nicht ganz so gut. Auf der einen Seite sitzt die Klägerin neben Anwalt Thomas Höhne, Ainedter wird von Peter Zöchbauer und seinem Sohn Klaus Ainedter verteidigt.

Lebhafte Diskussionen

Richter Hartwig Handsur muss sich zu Beginn mit einem Problem herumschlagen: Beide Seiten debattieren lebhaft die Frage, ob die Privatanklägerin überhaupt berechtigt ist, die Anklage zu erheben. Zeitlinger ist nämlich "Diplomjuristin" und keine Anwältin. Das liegt daran, dass sie zwar in Russland studiert, ihren Abschluss aber nicht in Österreich nostrifiziert hat.

"Haben Sie eine Beglaubigungsurkunde?", fragt Ainedter-Verteidiger Zöchbauer. "Nein, die habe ich verloren", lautet die Antwort. "Haben Sie sich um eine neue bemüht?" – "Diese Frage beantworte ich nicht." – "Das entscheidet das Gericht, was Sie beantworten müssen", grollt Zöchbauer. Auch der Angeklagte mischt sich ungefragt in die Sache der Beglaubigungsurkunde ein: "Weil Sie keine mehr bekommen!"

Dass ein Verfahren bezüglich des Entzugs des Dokuments im Laufen ist, muss Zeitlinger eingestehen. Als Höhne seiner Mandantin beispringen will, redet Ainedter junior dazwischen, wird von seinem Vater mit den Worten: "Klaus, los eam" gebremst.

Komplizierte Beratungssituation

Richter Handsur will wissen, in welchem Verhältnis die Klägerin zur Kanzlei Lansky steht. Das ist etwas kompliziert: Das russische Recht verbiete ihr ein Angestelltenverhältnis, also sei sie "Beraterin im Innenverhältnis". Sie managt den "Russian Desk", kümmert sich auch um die Angehörigen der beiden angeblich im Auftrag von Alijew entführten und ermordeten Bankmanager.

Vertretungsbefugt für die Kanzlei ist sie allerdings nicht, auch wenn sie regelmäßig bei Pressekonferenzen auftritt. Da sie auch mit den Medien redet, sieht sie sich von Ainedters Vorwurf der Beweismittelfälschung persönlich betroffen.

Zöchbauer argumentiert ganz anders: Sein Mandant habe wörtlich von der "Kanzlei Lansky" gesprochen, in der über 100 Menschen arbeiten. Die Aussage beziehe sich also auf ein großes Kollektiv, selbst bei subjektiver Betroffenheit könne aus diesem niemand klagen.

Nicht rechtskräftiger Freispruch

Handsur gibt ihm recht und beendet das Verfahren, bevor Ainedter überhaupt einvernommen wird, mit einem nicht rechtskräftigen Freispruch, da Zeitlinger kein Recht auf eine Klage habe.

"Weid sad‘s ned kumma", ruft Ainedter seinem Konkurrenten Lansky zu, was wiederum zu erregten und teils unfeinen Wortwechseln zwischen den Parteien führt. Ein wenig fühlt sich Ainedter durch den Erfolg seiner Verteidiger betrogen: Schließlich wollte er im Prozess diverse Dokumente mit Vorwürfen gegen die Kanzlei Lansky vorliegen.

Neue Vorwürfe von Ainedter

Das macht er dann in einer Ad-hoc-Pressekonferenz, bei denen er neue schwere Vorwürfe gegen seinen Kontrahenten erhebt.So sei im millionenschweren Vertrag mit dem kasachischen Opferverein "Tagdyr" auch ein Punkt "Zeugentraining" enthalten. Was dazu geführt habe, dass ein Protokoll aus dem Jahr 2012 laut Ainedter belege, wie Zeugen vor ihrer Vernehmung genehme Antworten vorgekaut wurden.

Ein Aktenvermerk zeige auch, dass die zuständige Staatsanwältin "überaus betrübt über die Tatsache" sei, "dass offensichtlich von der Kanzlei Lansky falsche Informationen in Schriftsätzen vorgebracht werden, um das Ermittlungsverfahren zu stören bzw. in eine tendenziöse Richtung zu lenken".

In einer Aussendung wies Lansky diese Vorwürfe strikt zurück und sagte, Ainedter habe die Unterlagen "rechtswidrig erlangt", da sie von einem Ex-Mitarbeiter weitergegeben worden seien. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 18.12.2014)