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Bei zahlreichen Gedenkveranstaltungen in ganz Pakistan (im Bild in Quetta) wurde zum Ende der Gewalt aufgerufen.

Foto: EPA / JAMAL TARAKAI

Peschawar/Neu-Delhi - So weit das Auge reicht, füllen am Mittwoch Trauernde die Straßen von Peschawar. Särge sind mit roten Blüten geschmückt, verzweifelte Eltern weinen um ihre Kinder, die beim Angriff der Taliban am Vortag ermordet wurden. "Je kleiner der Sarg, desto schwerer fällt es, ihn zu tragen", sagt ein Mann. Peschawar, Pakistans "Stadt der Blumen", hat sich in eine Stadt der Tränen verwandelt. Bilder aus der Schule erzählen furchtbare Geschichten. Der Boden ist mit Blut bedeckt. Schuhe liegen herum, Tische sind umgeworfen.

Sieben Selbstmordattentäter hatten am Vortag 141 Menschen, darunter 132 Kinder, umgebracht, die meisten durch Kopfschüsse. Schmerz und Wut einen nun das Land. "Teufel schlachten unsere kleinen Engel ab", titelt die Zeitung The Nation. Der 16. Dezember 2014 könnte einen Wendepunkt in Pakistans über lange Zeit halbherzigem Kampf gegen den Terrorismus bedeuten. Premier Nawaz Sharif schwor Rache: "Wir werden nicht ruhen, bis der letzte Terrorist getötet ist. Die Zeit ist gekommen, jene zu erlegen, die unsere Kinder töten."

Gedenken auch in indischen Schulen

Sharif rief drei Tage Staatstrauer aus. Im ganzen Land wehten Fahnen auf Halbmast, Schüler hielten Gebete, Händler schlossen ihre Läden, Menschen versammelten sich zu Mahnwachen. "Genug", hieß es auf Transparenten.

Auch im verfeindeten Nachbarland Indien legten Schulen Schweigeminuten ein, so wie es Premier Narendra Modi vor Vortag angeordnet hatte. Selbst die afghanischen Taliban verurteilten die Tat als unislamisch.

Das Massaker könnte Pakistan und Afghanistan im Kampf gegen den Terror enger zusammenführen. Bei einem Treffen in Islamabad verabredete Sharif mit Afghanistans Präsidenten Ashraf Ghani eine engere Zusammenarbeit. "Wir sind entschlossen, unsere Region vom Terrorismus zu befreien." Sharif hob für Terroristen das Moratorium bei der Todesstrafe auf - was freilich Selbstmordattentäter kaum beeindrucken dürfte.

Zuflucht auf anderer Seiten der Grenze

Zu dem Blutbad an den Kindern hatte sich die pakistanische Talibangruppe Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) bekannt. Die Gruppe soll laut Pakistan Afghanistan als Zuflucht benutzen. Noch am Mittwoch eilte Pakistans Armeechef Raheel Sharif nach Kabul, um Afghanistan aufzufordern, die Verstecke auszuheben. Andernfalls werde Pakistan selbst eingreifen.

Selbst im gewaltgewohnten Pakistan hatte die Tat bisherige Gräuel in den Schatten gestellt. Die Täter hatten regelrecht Jagd auf Kinder gemacht, Lehrerinnen sollen sie vor den Augen der Kinder lebendig verbrannt haben.

Auch international sorgte das Massaker für Fassungslosigkeit. Neben US-Präsident Barack Obama rief Indiens Premier Modi Sharif an, um Solidarität auszusprechen. Pakistan könnte ein blutiges Jahr 2015 bevorstehen. Die toten Kinder waren noch nicht begraben, da flog die Luftwaffe des Landes bereits Angriffe auf Stellungen der Militanten. Auch die USA bombardierten mit Drohnen mutmaßliche Terroristenstellungen. (Christine Möllhoff, DER STANDARD, 18.12.2014)