Friederike Mayröckers Schreiben ist heute radikal wie nie.


Foto: Heribert Corn

Wien - "Die Jahre werden immer unglaublicher", schreibt Friederike Mayröcker in ihrem im Herbst erschienenen Buch cahier. Und: "nicht nur das Geschriebene auch die Existenz musz poetisch sein".

Nicht nur müssen beide poetisch sein, Geschriebenes und Existenz sind bei Mayröcker zudem schwer voneinander zu trennen. Egal, ob es die "Zettelhöhle" ist, die ihr als Wohn- wie auch Schreibkokon dient, ob es autobiografische Referenzen in ihren Texten sind oder poetische Selbstaussagen wie jene, in der sie - in einem Atemzug, einem Schriftzug verbunden - bekennt: "ich lebe ich schreibe".

Der Lebensjahre dieser Stimme, die zum Radikalsten zählt, was die deutschsprachige Literatur gegenwärtig zu bieten hat, werden am Samstag 90 sein. Der Schreibjahre sind es beinahe ebenso viele: Mayröcker dichtet seit ihrem 15. Lebensjahr, 1946 hat sie ihr erstes Gedicht publiziert. Seither sind rund 80 Bücher in Prosa und Lyrik und mehr als 30 Hörspiele erschienen.

Es gibt also reichlich zu feiern. Schon seit Jahresbeginn schwingen die Feierlichkeiten in Lesungen und Ehrungen mit, bis zum Samstag, dem Geburtstag der Dichterin, erreichen sie nun ihren Höhepunkt. Donnerstagabend etwa schließt eine unter dem Titel Strahlung und Reflexion stehende Reihe von Vorträgen zur Person und zum Werk Mayröckers in der Alten Schmiede mit einer Gesprächsrunde langjähriger Begleiter und Vertrauter, bevor sich die Jubilarin mit einer Lesung zu Wort meldet. An ihrem Geburtstag feiert das Akademietheater den "wilden Schreckling" mit dem Abend Requiem für Ernst Jandl, der literarischen Totenklage auf ihren Lebensmenschen, und Ö1 erklärt den Samstag mit einem taglangen Programmschwerpunkt gar zu einer "Liebeserklärung an Friederike".

"Ich hasse ja den Tod", zeigt sich die Dichterin bestimmt, und erklärt: "Nur nicht enden möge diese Seligkeit dieses Lebens. Ich habe ja erst angefangen zu schauen, zu sprechen, zu schreiben, zu weinen." Das nächste Buch jedenfalls ist schon in Arbeit. (miwu, DER STANDARD, 18.12.2014)