Es ist nicht lange her, da waren "Mobile Games" so etwas wie der Gottseibeiuns aller "wirklichen" Spieler. Mit gerümpften Nasen blickten die Core-Gamer auf Konsolen und PCs auf das Spieleangebot für Handys und Tablets herab: Casual-Spiele ohne Tiefe oder, noch schlimmer, Free2Play-Gurken, die ihren ahnungslosen Spielerinnen und Spielern nicht nur das Geld aus den Taschen zogen, sondern den Spielspaß auf allen Systemen bedrohten.

Auch 2014 droht die schier unfassbar große Flut an Spielen für Android und iOS das Publikum zu überfordern, und ja, die Qualität eines großen Teils des hier Angeschwemmten ist den Vorurteilen gemäß bescheiden. Doch neben all den "Candy Crush"-Klonen, den "Flappy Bird"-Abzockern und sonstigen Trittbrettfahrern stellt sich immer mehr heraus, dass auch Mobile-Games eine vollwertige Spieleplattform sein können – mit eigenen Regeln, aber durchaus überzeugender Qualität.

Portierungen im Kommen

Damit sind nun nicht einmal jene Titel gemeint, die es zunehmend von traditionellen Plattformen auf die kleinen Bildschirme schaffen: Indie-Hits wie "Broken Age", "Papers, Please", "FTL", "Shadowrun: Dragonfall", "The Banner Saga" oder Telltale Games’ Episoden-Adventures erschienen 2014 – mit kleinerer Verspätung – auch für Mobile-Plattformen. Ebenso wie einige – abgespeckte – ältere oder auch neuere AAA-Titel: "XCOM: Enemy Within", die "Dragon Quest"-Reihe, "Oddworld: Stranger’s Wrath" sowie so mancher Bioware-Klassiker machen mobil ebenso gute Figur wie Blizzards "Hearthstone".

Von diesen Portierungen abgesehen, haben Mobile Games aber auch viel Originelles anzubieten – stark auf Apples iOS, aber auch beim Marktführer Android. Microsofts Windows Phone liegt auch hier zurück.

Hier sind zehn der besten Spiele für unterwegs im GameStandard-Jahresrückblick.

Foto: Framed

Framed (iOS 4,49 Euro)

Der als Comic-Strip inszenierte Noir-Thriller wird durch das Rearrangieren der einzelnen Panels zum gewitzten Story-Labyrinth, durch das Spielerinnen und Spieler die toll animierten Spielfiguren lotsen. "Framed" vereint eine perfekt umgesetzte, originelle Idee mit souverän eingesetztem Style und stimmungsvoller Musik.

Foto: 80 Days

80 Days (Android, iOS 3,80 Euro)

So bunt und spannend sind die Enkel der klassischen Textadventures: "80 Days" schickt seine Spieler in 80 Tagen um seine Steampunk-Welt. Dank 150 Städten und der Möglichkeit, seine Route immer wieder neu zu planen, ergibt sich ein wild wucherndes, riesiges Abenteuer an unzähligen Möglichkeiten, das sich mit nur einmaligem Durchspielen unmöglich erforschen lässt. (Ganzes Review hier)

Foto: Valley

Monument Valley (Android, iOS 3,59 Euro)

Für viele das schönste Spiel der Welt: "Monument Valley" erweckt mit fantastischem Style die unmöglichen Architekturen MC Eschers zum Leben. Das poetisch-mysteriöse Adventure-Puzzle ist ein beeindruckendes interaktives Kunstwerk im Miniaturformat mit einem Maximum an Atmosphäre und cleveren Rätseln. Das kürzlich veröffentlichte Addon "Forgotten Shores" verdoppelt das Hauptspiel fast, bei der Hälfte des Preises des Originals.

Foto: Leos Fortune

Leo's Fortune (Android, iOS 4,49 Euro)

Freunde klassischer Plattform-Jump’n’Runs werden ihre helle Freude an "Leo’s Fortune" haben, das sich nicht nur perfekt und präzis per Touch steuern lässt, sondern auch grafisch und akustisch mit Genrekollegen auf aktuellen Konsolen mithalten kann. Als schnurrbarttragendes türkises Fellknäuel springen Spielerinnen und Spieler durch liebevoll gestaltete Levels auf der Suche nach Gold – ein Hochglanzprodukt im besten Sinn.

Foto: Wayward Souls

Wayward Souls (Android, iOS ca. 4,99 Euro)

Wenn sich ein Mobile-Action-Rollenspiel schon im Titel mit "Dark Souls" vergleicht, muss man auf Härte vorbereitet sein, doch keine Angst: Das hübsche Mini-Dungeon-Abenteuer ist weder so düster noch so hart wie das Kultspiel. Dank Permadeath, zufallsgenerierten Kerkern und Roguelike-Elementen sorgt "Wayward Souls" aber trotzdem für außergewöhnliche Spannung und Wiederspielbarkeit.

Foto: Threes

Threes! (Android, iOS, Windows Phone ca. 1,49 Euro)

Oft kopiert, nie erreicht: "Threes!" ist das Original, alle Varianten von "2048" sind der müde Abklatsch – das bemerkt man allerdings erst, wenn man der faszinierenden Zahlenschieberei einmal verfallen ist. Der Unterschied liegt in den cleveren Algorithmen im Hintergrund: Wer bei "2048" und Co mit Schema F zum Highscore kommt, wird bei "Threes!" ganz andere Strategien brauchen, wie die Entwickler erklären. Ein moderner Klassiker.

Foto: Kero Blaster

Kero Blaster (iOS, 4,49 Euro)

"Kero Blaster" sieht aus wie ein 16-Bit-Spiel der Super-Nintendo-Ära – für manche ist das ein Grund zur Freude, für andere einer zum Weglaufen. Letztere versäumen etwas: Das neue Spiel des "Cave Story"-Machers hat nämlich nicht nur die Optik, sondern auch Herz und Seele der unvergessenen 16-Bit-Klassiker anzubieten. Ein Plattformer, der nicht retro ist, sondern zeitlos gut.

Foto: Out There

Out There (Android, iOS 3,59 Euro)

Allein im Weltraum: Was in vielen Spielen Ausgangspunkt für Action oder Horror ist, ist im kontemplativen "Out There" der Beginn einer melancholischen Reise in die Einsamkeit, bei der vor allem das Management der kargen Ressourcen überlebensnotwendig ist. Wer die Atmosphäre klassischer Science-Fiction-Filme wie "Silent Running" oder "Dark Star" liebt und zum Beispiel in "FTL" lieber erforscht als kämpft, wird viele Stunden mit "Out There" verbringen.

Foto: Vainglory

Vainglory (iOS, gratis)

Das Multiplayer-Phänomen MOBA (Multiplayer Online Battle Arena) ist mit "Dota2" und "LoL" fest in der Hand der PC-Fraktion, doch "Vainglory" ist tatsächlich eine Alternative für kleine Touchscreens: Durch radikale Vereinfachung des Interfaces und clevere Entschlankung des Spielkonzepts erlaubt der Free2Play-Titel auch Mobile-Spielern schnelle Multiplayerschlachten. Sowohl für Genreveteranen als auch Einsteiger empfehlenswert.

Hoplite (Android, iOS gratis (1,89 Euro)

Vorsicht, der niedliche Pixel-Style täuscht: "Hoplite" ist faszinierendes Taktik-Schach, in dem ein einsamer Krieger mit trügerisch simplen Regeln Runde um Runde gegen eine stetig anwachsende Gegnerschar ankämpft. Zufallsgenerierte Levels, viele Upgrades und vor allem überraschende Spieltiefe machen "Hoplite" zu einem ganz großen kleinen Spiel, bei dem jeder Spielzug zählt.

Man sieht: Die mobilen Spielgeräte können viel mehr, als immer nur Zuckerzeug in Dreierkonstellationen zu schubsen. Und der Trend wird anhalten: Mobile Gaming wird weiterwachsen – und hoffentlich auch qualitativ weiterhin so spannende Titel hervorbringen wie 2014. (Rainer Sigl, derStandard.at, 28.12.2014)