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Schweizer Nationalbank verrechnet Minuszinsen für Banken.

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Zürich/Bern - Die Schweizer Nationalbank SNB führt Negativzinsen ein, um die Deflationsgefahr zu bekämpfen und um zu verhindern, dass der Franken zu teuer wird. Das gab der Vorsitzende der Schweizer Nationalbank Thomas Jordan bekannt. Konkret belastet die Nationalbank ab dem 22. Jänner 2015 die bei der SNB angelegten Guthaben der Geschäftsbanken von mehr als zehn Millionen Schweizer Franken (8,3 Millionen Euro) mit einem Negativzins von 0,25 Prozent.

"Die Situation an den Finanzmärkten hat sich dramatisch verändert, nicht zuletzt durch die Russland-Krise", sagte Jordan vor Journalisten. "Dies hat zusätzlichen Aufwertungsdruck auf den Franken ausgelöst. Nun ist der Moment gekommen, um Negativzinsen einzuführen." Man werde nun die Wirkung abwarten; wenn dies nicht reiche, dann sei auch eine weitere Zinssenkung nicht ausgeschlossen, so Jordan.

Mit allen Mitteln am Kurs festhalten

Gleichzeitig bekräftigte der oberste Schweizer Währungshüter, dass die SNB mit allen Mitteln an ihrer Kursuntergrenze von 1,20 Franken pro Euro festhalte. In der vergangenen Woche war der Eurokurs bis auf 1,2009 Franken gesunken, ehe er wieder bis auf 1,2070 stieg.

Negativzinsen bedeuten, dass Anlagen in Schweizer Franken weniger attraktiv werden und dass damit der Aufwertungsdruck auf den Franken etwas abnimmt. Konkret müssen sich nun die schweizerischen und die ausländischen Banken überlegen, was sie mit ihren Guthaben bei der SNB anstellen: ob sie sie abziehen und anderswo investieren oder ob sie sie dort belassen und versuchen, die Negativzinsen an ihre Kunden weiterzureichen.

Hedgefonds parken Millionen

Insbesondere für Großanleger dürfte es nun weniger interessant sein, in Franken anzulegen. "Es geht um ganz große Beträge, etwa von Hedgefonds, die hin und her geschoben werden", erläuterte Jordan. Für solche Anleger sei es günstiger, ihre Millionen in der Schweiz zu parken anstatt in der Eurozone, wo seit Juni ebenfalls ein EZB-Strafzins von 0,2 Prozent gilt. Nun erwarte die SNB, dass Banken den Negativzins an ihre Großkunden weitergeben und sich diese dann aus der Schweiz als Anlageort zurückzögen.

Die Reaktionen in der Schweiz fielen positiv aus. Der Gewerkschaftsbund SGB zeigt sich "erleichtert" über die Maßnahme.

Der hohe Franken habe in der Exportindustrie zum Abbau von Zehntausenden von Stellen geführt. Ins gleiche Horn stieß Rudolf Minsch vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse: Eine weitere Aufwertung des Frankens "würde die Anpassungsfähigkeit der Exportindustrie überfordern und wirtschaftlich solide Unternehmen sowie die Preisstabilität in der Schweiz gefährden." Deshalb sei es zu begrüßen, dass die SNB zeige, dass sie gewillt sei, an ihrer Kursuntergrenze von 1,20 Schweizer Franken zum Euro festzuhalten.

Sparer sind die Verlierer

"Jede geldpolitische Maßnahme erzeugt Gewinner und Verlierer. Im Fall von Negativzinsen sind die Sparer, die Lebensversicherer und die Pensionskassen die Verlierer", sagte der Ökonom Yvan Lengwiler, Professor für Wirtschaftstheorie an der Uni Basel. "Es findet eine Umverteilung von den Sparern zu den Schuldnern statt."

Für Schuldner in den Euroländern, die Kredite in Schweizer Franken halten, dürfte sich fürs Erste nichts ändern, jedenfalls sofern es sich um langfristige Kreditverträge mit festen Zinsen und Laufzeiten handelt.

Für diese ist der Euro-Franken-Kurs wichtiger, da sie je nach Kursentwicklung mehr oder weniger Euros aufwenden müssen, um ihre Schuld in Franken zu tilgen und die fälligen Zinsen zu bezahlen. (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD, 19.12.2014)