Wien - Seit Dienstag liegt der Endbericht für die Steuerreform vor und ist damit offiziös: Kunst und Kultur bleiben nicht verschont. Dass die eingesetzten Experten in dieser Branche Potenzial für Mehreinnahmen wittern, war bereits durchgesickert. Konkret über den zur Diskussion gestellten ermäßigten Mehrwertsteuersatz. Aber auch in anderen Kapiteln des Berichts finden sich Anknüpfungspunkte: Da Kunstbesitz einen Vermögenswert darstellt, spielt dieser sowohl bei der Vermögens- als auch der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer eine Rolle.

Würde der ermäßigte MwSt.-Satz von derzeit zehn Prozent in Teilbereichen gestrichen und käme der reguläre (20 Prozent) zur Anwendung, ergäbe dies laut SPÖ ein Mehraufkommen von 400 Millionen Euro. Allein bei "kulturellen Dienstleistungen", worunter Theater-, Kino- und Museumsbesuche oder der Verkauf von Kunstwerken fallen, schlüge sich die Anhebung mit 50 Millionen Euro zusätzlich zu Buche.

Proteste der Kulturbranche ließen nicht auf sich warten: So warnten Direktoren heimischer Theater, Festivals, Opern- und Konzerthäuser etwa, dass drohende Umsatzausfälle automatisch einen erhöhten Subventionsbedarf zur Folge hätten, der von der öffentlichen Hand abzudecken wäre.

Es handle sich um eine Arbeitsgrundlage für Politiker, nicht um eine explizite Forderung, betont Otto Farny, von der SPÖ in die Expertengruppe nominierter Steuerrechtsexperte der Arbeiterkammer. Nachsatz: Ob das kulturpolitisch eine schlaue Maßnahme wäre, sei eine andere Frage.

Grünes Licht aus Brüssel

Seitens der Europäischen Kommission gäbe es dafür grünes Licht. Dort sieht man in diesem Bereich keine Notwendigkeit, einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Speziell nicht für den Verkauf, den Erwerb oder die Vermietung von Kunst. Im Gegenteil: 2012 leitete man gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren ein, da dort die Regelung zu weit gefasst und etwa auf dem Kunstmarkt generell - anders als in Österreich - der reduzierte Satz von sieben Prozent üblich war. Ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen EU-Ländern.

Zum besseren Verständnis: Verkäufe im Rahmen von Kunstmessen werden unabhängig vom Veranstaltungsland von Galeristen in ihrer "Heimat" und zu den dort üblichen Konditionen fakturiert. Ausgehend vom Nettopreis eines Kunstwerkes von 10.000 Euro, lag der Kaufpreis bei einem deutschen Galeristen folglich bei 10.700 Euro, während die Kollegen aus Österreich (11.000) oder England (12.000) mehr verrechnen mussten. Deutschland änderte seine Bestimmungen, seit Anfang des Jahres gelten 19 Prozent.

Betroffen sind - und wären in Österreich - in erster Linie Galeristen (Erstverkauf), nicht jedoch der klassische Kunsthandel (z. B. Auktionshäuser). Denn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist dort Margenbesteuerung üblich, unterliegt also nur die Differenz zwischen Ein- und Verkaufswert der Mehrwertsteuer. Kleinvieh, das immerhin Mist abwirft.

Deutlich mehr würde der Fiskus gemäß SPÖ-Plänen von privaten Kunstsammlungen profitieren: Im Erb- bzw. Schenkungsfall wären solche je nach Wert künftig mit 25 (bis eine Mio.) oder 35 Prozent (ab zehn Mio.) besteuert. Weiters müssten sie bei der Vermögenssteuererklärung berücksichtigt werden. Gemeinnützige Privatstiftungen mit Museumsbetrieb wie Haselsteiner-Essl oder Leopold, erklärt Otto Farny, seien davon ausgenommen.

Für alle anderen gilt: Ab einem Wert des Gesamtvermögens von einer Million Euro fallen jährlich 0,5 Prozent an, ab zehn Millionen ein Prozent. Die hier anvisierte Zielgruppe sind folglich Sammler, deren Leidenschaft - zum Verdruss des Kunsthandels - gewissermaßen bestraft würde. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, 19.12.2014)