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Mit einem Koi ist es nicht getan: Die Zierkarpfen sind gesellige Kerle, die in Gruppen gehalten werden sollten.

Foto: Reuters/Barker

Wien - Blaugekocht oder im Bröselmantel landen die glubschäugigen Großmäuler in österreichischen Haushalten gern zum Weihnachts- oder Silvestermahl auf den Tellern. Ob Karpfen einem nun schmecken oder nicht, einzelne Schuppen von ihnen im Portemonnaie sollen einem alten Brauch zufolge zumindest ihrem Besitzer das ganze Jahr hindurch Glück bringen.

Auch bei Koi-Liebhabern kommt das Glück auf Flossen dahergeschwommen. Die Vorstellung jedoch, dass ihre Fische wie gewöhnliche Exemplare von Cyprinus carpio verwertet werden, lässt sie aber nach Luft schnappen. Zwar sind Koi zoologisch betrachtet nichts anderes als Karpfen. Doch im Vergleich mit ihren derben olivgrünen Artgenossen sind sie viel eleganter, farbenprächtiger und vor allem kostspieliger.

Ein Kleid aus Brokat

Ihr Name ist Programm: Japaner nennen sie "Nishikigoi", Brokatkarpfen. Das Schuppenkleid der klassischen Koi schillert wie ein fantasievoll gewebter Stoff in Lackschwarz, Feuerrot und Porzellanweiß, andere Arten beeindrucken mit grau-blauen Netzmustern, changierenden Ockertönen, metallischen Gold- und Silbereffekten oder Grünfärbungen.

Die Farbkarpfen, so wie wir sie heute kennen, sind eigentlich Mutationen des Wildkarpfens. Ihre Zeichnungen und Färbungen sind dabei nicht zufällig entstanden, sondern das Ergebnis traditionsreicher Zucht und strenger Selektion. Mehr als 200 Varietäten gibt es, oft unterscheiden sie sich nur durch feine Nuancen. Zur Übersicht sind sie in 15 Hauptgruppen eingeteilt. Die bekanntesten sind Kohaku, Sanke und Showa.

Schwimmende Diamanten

Schon im feudalen China und Japan schwammen sie als Statussymbole in den Teichen reicher Adeliger. Noch immer ist der Koi der Lieblingsfisch der Japaner und wird mit Mut und der Fähigkeit, hohe Ziele zu erreichen, assoziiert. Kenner halten sie für schwimmende Diamanten.

Koi-Kichi, die wahren Enthusiasten, sind bereit, für begehrte Fische viel Geld flüssigzumachen. Für Spitzenfische werden in Japan immer wieder fünf- bis sechsstellige Summen ausgegeben. In der größten Koi-Sammlung des japanischen Multimillionärs Masao Kato soll das teuerste Exemplar ungefähr eine Viertelmillion Euro wert sein.

Für den bisher teuersten Koi sollen diversen Angaben nach rund 1,5 Millionen Euro bezahlt worden sein. Ob dies ins Reich des Anglerlateins gehört oder nicht, weiß niemand genau. Koi-Besitzer leben wie andere Schatzsammler meist zurückgezogen und stellen ihre Kostbarkeiten außer auf Wettbewerben nicht gerne öffentlich zur Schau. Ein japanisches Sprichwort jedenfalls besagt: Je größer der Koi, desto reicher der Besitzer.

Beträchtliches Alter

Sind die bunten Kiemenatmer somit eine gewinnbringende glitschige Geldanlage? Einjährige Koi mit einer Größe von 15 bis 20 Zentimeter gibt es bereits ab 20 Euro zu kaufen. Die Fische können im Schnitt bis zu einem Meter lang und fünf Kilogramm schwer werden. Das größte jemals gemessene Exemplar soll gar eine Länge von 153 Zentimetern aufgewiesen haben. Nicht selten werden sie bis zu 70 Jahre alt. Man braucht also nur einen kleinen mutmaßlichen Tategoi (Bezeichnung für Fische mit großem Zuwachspotenzial) kaufen und schaut - mit viel Geduld - zu, wie die Investition heranwächst. Blubb. Blubb.

So einfach ist es nun doch nicht. Denn einige Merkmale, die später den Wert bestimmen, sind bei Jungfischen noch gar nicht ausgebildet. Man kauft gewissermaßen die Katze im Sack. Wie viel ein ausgewachsener Koi am Ende wert ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen bestimmt die Farbgebung den Preis. In Japan sind beispielsweise Kohaku gefragt, besonders wenn die weißgrundigen Fische mit einem scharf abgegrenzten roten Kopfpunkt gezeichnet sind (Tanchu Kohaku), wie eine Reminiszenz an die Nationalflagge. Zum anderen spielen Körperbau und die Qualität der Haut eine Rolle.

Gefräßige Diebe

Experten wie der Österreicher Bernhard Lippl, der in Zeiselmauer bei Wien einen Koi-Handel betreibt, geben zudem zu bedenken, dass man für die Anschaffung der Tiere mit Grundkosten von mindestens 5000 Euro rechnen muss. Die Faustregel lautet, dass auf 1000 Liter Wasser maximal ein Fisch gehalten werden sollte. Koi sind sehr gesellige Kerle und sollten in Gruppen von mindestens sechs Stück leben. Filteranlagen, Futter und mitunter ein fischkundiger Tierarzt kommen zu den laufenden Kosten hinzu. Obendrein kann es passieren, dass ein Fischreiher oder Otter die schuppigen Diamanten über Nacht wegfrisst.

Und dann ist da noch der emotionale Faktor. Die Besitzer liebten ihre Könige der Gartenteiche und würden sie nicht verkaufen, beteuert Lippl. Es gebe viele Koi, die ihr Herrl oder Frauerl schon am Schritt erkennen würden und zum Teichrand geschwommen kämen, um sich ohne Scheu von ihnen streicheln oder von Hand füttern zu lassen.

Verwertungsfrage

Koi könnte man im Wortsinn als schwimmende Investition bezeichnen, eine Anschaffung fürs Leben. Doch sind sie wohl mehr Prestigeobjekte und Liebhaberei denn profitorientierte Geldanlagen und ein Geschäft für Züchter.

Zu guter Letzt eine aus Koi-Liebhaber-Sicht vielleicht despektierliche Frage, die Händler Lippl häufig gestellt wird: Kann man die Prachtkarpfen auch essen? Seine lakonische Antwort darauf: "Ja, wenn Sie sich das leisten können." (Karin Tzschentke, DER STANDARD, 19.12.2014)