Frankfurt - Sylvia Schenk ist auch, ja besonders, wenn es um die Fifa geht, nicht um griffige Formulierungen verlegen. "Auf dem Weg in die Hölle" sieht die deutsche Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International den Weltfußballverband nach dem Rücktritt von Chefermittler Michael Garcia. Präsident Joseph Blatter habe "den Laden nicht im Griff, die Fifa zerbröselt vor unseren Augen". Allerdings ist sich die ehemalige Leichtathletin Schenk gar nicht sicher, ob dieses Zerbröseln nach dem Abgang des ehemaligen Bundesstaatsanwaltes von New York nicht nützlich sei. Schließlich steige der Druck auf Blatter, der sich im nächsten Jahr, als dann 79-Jähriger, in eine fünfte Amtszeit wählen lassen will, obwohl er "die letzten vier Jahre gezeigt hat, dass er weder Glaubwürdigkeit noch Ruhe in die Fifa bringen kann. Das ist Harakiri."

Garcia war zurückgetreten, weil sein Einspruch gegen die in seinen Augen fehlerhafte Auswertung seiner Korruptionsuntersuchung aus formalen Gründen von der in Marrakesch tagenden Fifa-Exekutive abgeschmettert worden war. Das Urteil des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert, des Vorsitzenden der rechtsprechenden Kammer der Ethikkommission, wurde damit einbetoniert: Bei den WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022 sei nicht betrogen worden. Zumindest nicht in dem Maße, dass Neuvergaben zu rechtfertigen wären.

Granit

Die Fifa-Führung nahm Garcias Rücktritt gelassen auf. "Ich bin überrascht", ließ Blatter mitteilen, verkündete aber im gleichen Atemzug, dass die Ermittlungen weitergingen. Die Exekutive wird voraussichtlich Garcias Schweizer Stellvertreter Cornel Borbely mit dessen Rolle betrauen.

Dessen Aufgabe, so sie überhaupt ernst genommen wird, ist in Garcias Augen nicht zu bewältigen. "Kein unabhängiges Komitee, kein Ermittler oder Schiedsgericht kann die Kultur einer Organisation ändern", lautet das Fazit des Mannes, der erfolgreich Mafia-Bosse, Wirtschaftsverbrecher und Terroristen gejagt hatte, bei der Fifa aber auf Granit biss. "In den ersten beiden Jahren hatte ich das Gefühl, dass die Kommission wirklich Fortschritte macht", sagt der 53-Jährige. "Diese Meinung hat sich in den vergangenen Monaten geändert." Garcia kehrt zurück in die Wirtschaftskanzlei Kirkland & Ellis, in der er Partner ist. (sid, red, DER STANDARD, 19.12.2014)