Ein Pädophilenring in Großbritannien soll in den 70er- und 80er-Jahren Kinder und Jugendliche systematisch missbraucht haben, höchste Kreise sollen in die Vorfälle verstrickt sein. Die britische Polizei arbeitet seit Monaten an der Aufdeckung der Einzelheiten. Nun erklärte die Polizei, dass sie auch drei mögliche Morde untersucht, berichtet orf.at. Die Identität der möglichen Mordopfer wurde nicht offiziell genannt.

Doch es gibt Hinweise: Zum einen wurde die Familie von Martin Allen, der 1979 spurlos verschwunden war, befragt. Auch Vishal Mehrotra, der als Achtjähriger 1981 verschwand, könnte ein Opfer sein. Seine Leiche wurde 1982 gefunden. Ein Prostituierter rief den Vater erst im Vorjahr an und gab an, dass Vishal Mehrotra möglicherweise entführt und ins Elm Guest House in Barnes, südwestlich von London, gebracht wurde. Das Elm Guest House galt als Haupttatort des Pädophilenrings.

Höchste politische und gesellschaftliche Kreise sollen involviert sein. Es gibt laut Ermittlern genügend Anhaltspunkte, um Ermittlungen gegen 20 Mitglieder von beiden Häusern des Parlaments einzuleiten. Ex-Innenminister Leon Brittan wurde bereits im Juni vernommen. Er war von 1983 bis 1985 Minister in der Regierung von Margaret Thatcher und ging später als EU-Kommissar nach Brüssel.

Detaillierte Aussage eines Opfers

Ein Zeuge mit dem Decknamen "Nick" beschreibt, wie er als 7- bis 16-Jähriger immer wieder missbraucht wurde. Die Vorfälle ereigneten sich von 1975 bis 1984, teilweise mit einzelnen Männern als Tätern, aber auch auf "Partys". "Nick" berichtet von "sehr mächtigen Männern", die mit ihrer Identität nicht hinter dem Berg gehalten hätten und offenbar auch keine Angst hatten, erwischt zu werden. Die Polizei stuft "Nick" als glaubwürdig ein.

Verschwundene Papiere

Britische Medien berichten, dass 114 Akten des Innenministeriums zu den Vorwürfen verschwunden sind. Premierminister David Cameron ordnete im Frühjahr zudem eine Untersuchung an, wohin das Dossier aus den 80er-Jahren verschwunden ist, das die Vorwürfe bearbeitete.

Laut "Observer" soll das Dossier in den 80er-Jahren vom mittlerweile verstorbenen Tory-Abgeordneten Geoffrey Dickens an den damaligen Innenminister Brittan übergeben worden sein. Brittan soll Dickens in einem Brief versichert haben, die Informationen an die Polizei weiterzugeben. Laut Scotland Yard gibt es darüber jedoch keine Aufzeichnungen. (red, derStandard.at, 19.12.2014)