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Das Petrobras-Hauptquartier in Rio de Janeiro. Das brasilianische Unternehmen versinkt derzeit in einem Korruptionsskandal .

Foto: ap/dana

Rio de Janeiro - Brasiliens staatlicher Ölmulti Petrobras steckt in der Krise. Ein riesiger Korruptionsskandal trübt den Stolz des Landes. Konzernchefin Maria das Graças Silva Foster hat Staatschefin Dilma Rousseff schon mindestens viermal angeboten, zurückzutreten. Sie steht massiv unter Druck.

Doch noch steht die Frauen-Freundschaft. "Ich werde weiter machen, solange ich das Vertrauen der Präsidentin habe", sagte die 61-jährige Petrobras-Chefin, die in Brasilien nur knapp "Graça Foster" genannt wird. Wie lange sie sich halten kann, ist indes fraglich.

Die "Petrolão"-Affäre schlägt immer höhere Wellen und auch Spitzenpolitiker bekommen nasse Füße. Es geht um milliardenschwere Schmiergeldvorwürfe. Wen die Flut alles mitreißt, ist noch ungewiss.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Petrobras ist das Schwergewicht an der brasilianischen Börse. 86.000 Mitarbeiter zählt der Konzern, der in 17 Ländern rund um den Globus aktiv ist. Zu Hause kümmert sich Petrobras um die Zukunftshoffnung Brasiliens. Das Zauberwort heißt "Pre-Sal": riesige Erdölvorkommen vor der Küste Brasiliens, die in einigen Kilometern Tiefe unter einer dicken Salzschicht ("Pre-Sal") liegen. Diese Rohstoff-Vorkommen sollen Brasilien in den nächsten Jahrzehnten zum "Big-Player" im internationalen Ölgeschäft machen.

Doch nun ermitteln Polizei und Staatsanwälte. Sie nehmen die Schmiergeldvorwürfe rigoros unter die Lupe. Es geht um Milliardensummen, die Baukonzerne und Zulieferer jahrelang im Gegenzug für fette Petrobras-Verträge gezahlt haben sollen. Pikant: Auch Parteien sollen profitiert haben. Es gab Dutzende Festnahmen und Hausdurchsuchungen bei Top-Firmen.

Zittern vor Aussagen

Seither ist Petrobras in arge Schieflage geraten. Die Aktienkurse stürzten vorige Woche zeitweise auf den niedrigsten Stand seit 2005. Im Laufe des Jahres büßten die Papiere bereits rund 40 Prozent an Wert ein.

Wegen der Ermittlungsoperation "Lava-Jato" ("Autowaschstraße") musste der Konzern das erste Mal in seiner über 60-jährigen Geschichte einen Quartalsbericht verschieben. Der Rapport soll nun Ende Jänner vorliegen.

Doch das ist fraglich, denn Petrobras zittert vor neuen Aussagen von Ex-Direktoren, die immer wieder über neue Millionen-Schmiergelder berichten und so eine Zertifizierung der Bilanz durch PriceWaterhouseCoopers nahezu unmöglich machen.

S&P: Kein Grund zu Panik

"Es gibt einfach keine Sicherheit, dass wir in 45 Tagen oder auch 90, 365 oder 700 Tagen alle Informationen vollständig haben werden", räumte Foster ein. Das hört sich nicht so an, als würde schon im Jänner ein Bericht vorgelegt werden können.

Die Ratingagentur Standard&Poor's sieht trotzdem keinen Grund zu Panik. Sie behielt ihre Einschätzung zur allgemeinen Kreditwürdigkeit des Unternehmens weitgehend bei. Das hat vor allem einen Grund: "die sehr hohe Wahrscheinlichkeit einer außerordentlichen Unterstützung durch die Regierung", befand die Agentur diese Woche.

Neben den laufenden Ermittlungen setzen dem Konzern noch andere Entwicklungen zu: Der Ölpreis sinkt, wodurch die kostspielige und technisch aufwendige Ölförderung aus großer Meerestiefe immer unwirtschaftlicher wird.

Stolz des Landes

Zudem verliert die heimische Real-Währung gegenüber dem Dollar seit Wochen an Wert. Die staatlich gedeckelten Benzinpreise liegen unter den Produktionskosten. Und auch eine deftige Rüge des Rechnungshofes wegen des überteuerten Kaufes einer Raffinerie in Pasadena (Texas) ramponiert das Image des Vorzeigeunternehmens.

Petrobras war immer mehr als ein Großunternehmen für Brasilien. Das Unternehmen wird als Stolz des Landes gesehen. Vor allem Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der den Konzern für privates Kapital öffnete, zeigte sich gerne in Arbeiterkluft auf den Ölplattformen auf hoher See.

Der Konzern stand lange für den Aufschwung des aufstrebenden Schwellenlandes, das 2010 schon mal ein Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent erreichte, seither aber vor sich hindümpelt. Petrobras könnte in den kommenden Monaten Sinnbild für die Ernüchterung in Brasilien werden. Das Land kann froh sein, wenn es 2014 ein Wachstum von einem Prozent erreicht. (APA, 19.12.2014)