Dresden/Hamburg/Köln - Der NDR ließ für sein Politmagazin "Panorama" Pegida-Demonstranten ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") "einfach reden". Einer davon sieht "ganz viele Türken" im Straßenbild. "So viele, dass man denkt: Sind wir noch deutsch in Deutschland." Und er möchte da schon, dass "Deutschland Deutschland bleibt" und "was da in Syrien passiert, nicht auch in Deutschland passiert". Der Demonstrant mit diesen Aussagen war ein Reporter von RTL.

"So gefährdet man Glaubwürdigkeit", kommentiert der "Panorama"-Redaktionsleiter Volker Steinhoff, dass sich der RTL-Mann interviewen ließ - und der Redaktion erst nach der Ausstrahlung offenbarte, wer er ist. Steinhoff: "Nichts gegen Undercover-Recherchen, wo sie nötig sind. Aber die Pegida-Demonstranten in Dresden konnte man ganz offen zu ihrer Meinung befragen, wie man in unserem Beitrag sieht. Das sah ein RTL-Reporter offenbar anders. Er gab sich als normaler Demonstrant aus, angeblich um 'Stimmungen und Aussagen für eine spätere Berichterstattung aufzugreifen'."

"Glaubwürdigkeit von Journalisten Bärendienst erwiesen"

Steinhoff: "Und er klopfte latent ausländerfeindliche Sprüche - leider auch in unsere Kamera. Was das sollte, wissen wir nicht. Aber eines ist für uns klar: Das geht gar nicht! Damit gibt man denen ein gutes Argument, die immer 'Lügenpresse' rufen. Immerhin hat er uns inzwischen informiert, dass er für RTL arbeitet und 2012 zwischenzeitlich auch für ein NDR Regionalstudio. Was nichts daran ändert, dass er vor unserer Kamera den 'normalen Demonstranten' gespielt und damit der Glaubwürdigkeit von Journalisten einen Bärendienst erwiesen hat."

RTL: "Eindeutig falsche Entscheidung"

RTL distanzierte sich am Samstag vom Verhalten ihres Journalisten. Die RTL-Begründung für die Aktion hat "Panorama" schon kommentiert: "Da Pegida-Anhänger bisher nicht oder kaum mit Journalisten reden, hat sich ein Reporter des Landesstudio Ost, welches für RTL aus der Region berichtet, verdeckt auf die Pegida-Demo am vergangenen Montag in Dresden begeben, um Stimmungen und Aussagen für eine spätere Berichterstattung aufzugreifen."

Als das NDR-Team ihn ansprach, hatte er aus der Sicht von RTL drei Möglichkeiten: "Nichts sagen, sich als Kollege outen - oder in der gespielten Rolle eines Pegida-Anhängers verbleiben. Er entschied sich für Möglichkeit drei - und traf damit die eindeutig falsche Entscheidung. Seine Aussagen geben weder seine Meinung noch die von RTL wieder." (red, derStandard.at, 20.12.2014)