Tunis - In Tunesien hat am Sonntag die Stichwahl um das Präsidentenamt begonnen. Die Wallokale öffneten landesweit am Morgen um 08.00 Uhr (Ortszeit und MEZ) für zehn Stunden. Etwa 5,3 Millionen Tunesier waren zu der Abstimmung aufgerufen.

Die Wahllokale sind massiv abgesichert, die Beteiligung ist zunächst mittelmäßig. Überschattet wurde der Wahltag von einem bewaffneten Übergriff auf ein Wahllokal in der Provinz Kairouan südlich von Tunis. Dabei wurde nach Angaben des Verteidigungsministeriums in der Nacht auf Sonntag ein Angreifer getötet und ein Soldat verletzt.

In den Wahllokalen der Hauptstadt Tunis blieben die Menschenmassen am Morgen zunächst aus. Lokale Fernsehsender strahlten zudem Bilder aus, wonach auch in anderen Abstimmungszentren wenig Betrieb herrschte. Nach Angaben der Wahlkommission Isie lag die Beteiligung im Land zwei Stunden nach dem offiziellen Beginn der Wahl bei gut 14 Prozent. Insgesamt öffneten 124 Wahllokale aus Sicherheitsgründen erst zwei Stunden später.

Sorge wegen Frustration

Der Isie-Vorsitzende Chafik Sarsar sagte vor Journalisten in Tunis, er habe Sorge, dass Wähler frustriert und weniger enthusiastisch sein könnten. Die ersten Stunden der Wahl seien jedoch geordnet verlaufen.

Favorit ist der 88 Jahre alte langjährige Regierungspolitiker Beji Caid Essebsi, der im November die erste Runde gewonnen hatte. Er gab am Vormittag seine Stimme in einem Vorort von Tunis ab. Gegen ihn tritt der Übergangsstaatschef Moncef Marzouki an, der auf Stimmen der Islamisten hofft. Es dürfte ein knappes Rennen werden.

Najla, eine Frau im mittleren Alter, stimmte in Tunis für Essebsi: "Ich hoffe auf Stabilität, eine bessere Wirtschaft und die Einigkeit der Tunesier", sagte sie einer Nachrichtenagentur. "Es gibt viel zu tun. Aber ich bin optimistisch." Auch Habib hofft, dass der 88-Jährige gewinnt. "Die vergangenen drei Jahre waren turbulent und chaotisch, mit vielen ideologischen Auseinandersetzungen", betonte er. "Tunesien braucht einen Coach, jemanden, der weiß, was das Land braucht." Hassna, die ein Kopftuch trägt, will nicht sagen, für wen sie gestimmt hat. "Ich hoffe, alles wird gut werden", sagte sie lediglich.

Etwa 100.000 Soldaten und Polizisten sind am Wahltag im Einsatz. 124 Wahllokale in Gebieten nahe der algerischen Grenze, die als unsicher gelten, öffneten später und wollten früher schließen.

Ergebnisse wurden für Montag erwartet, bis Mittwoch muss die Wahlbehörde den Namen des Siegers verkünden, der in den kommenden fünf Jahren an der Staatsspitze stehen soll. Vier Jahre nach der Jasminrevolution ist es das erste Mal, dass der Staatschef bei einer freien und direkten Abstimmung gewählt wird. (APA, 21.12.2014)