Klug vor der angetretenen Truppe im Camp Naqoura

Foto: Conrad Seidl

Klug bei der Grundsteinlegung für eine neue Soldatenunterkunft

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Klug am Wuzzler - hier kann er sich schon als Sieger fühlen

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Campf Naqoura/Wien - Eigentlich gäbe es für Gerald Klug noch ein dichtes politisches Programm bis Weihnachten: Das war ja die Frist, innerhalb derer sich die Koalition über Klugs Sparprogramm "ÖBH 2018" einigen wollte. Oder: sollte, wie der Verteidigungsminister meint. Weil das gut wäre für die Koalition.

Aber: "Die zwei Tage habe ich mir bewusst von anderen Terminen freigehalten." Und so ist Klug (nach Verhandlungen mit der ÖVP, die weit in die Nacht zum Freitag gedauert haben) am Wochenende nach Griechenland und in den Libanon gereist, um mit den dort stationierten Soldaten Weihnachten zu feiern, zu plaudern, auch ein paar Partien mit dem Wuzzler zu spielen (und zu gewinnen).

Stolze Soldaten, stolzer Minister

Es ist ein ganz anderes Bundesheer, das man erlebt, wenn man ins Camp Naqoura an der Grenze zwischen Libanon und Israel kommt. Ein Bundesheer, in dem nicht geklagt wird. Ein Bundesheer, wo alles funktioniert. Ein Bundesheer im Einsatz eben.

Klug scheint das zu spüren. Der Stolz der Soldaten überträgt sich auf ihn schon am ersten Tag. Als man ihm in Larissa, im Headquarter der EU-Truppe für die Zentralafrikanische Republik, beim Briefing meldet, dass der österreichische Oberstleutnant Klaus Haid als einziger Offizier für seine Leistungen ein Anerkennungsdekret erhalten hat, färbt das auch auf den Minister ab.

Initiative für Sicherheit in Afrika

Er hatte schließlich in der Regierung erst dafür werben müssen, dass Österreich überhaupt an dem Einsatz zum Schutz der Bevölkerung in dem afrikanischen Bürgerkriegsland teilnimmt, wenn auch nur mit Stabsoffizieren im weit abgelegenen Headquarter. "Auf Zeit betrachtet wird der afrikanische Kontinent für Europas und damit für Österreichs Sicherheitslage an Bedeutung gewinnen", sagt Klug.

Und zu helfen, in einem Staat Sicherheit zu schaffen, wo 55 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu Trinkwasser haben, aber alle unter politischer Gewalt und alltäglicher Kriminalität zu leiden haben - das ist nicht nur eine humanitäre Mission. Wenn sich die Lage dort nicht bessere, "dann darf man sich nicht wundern, wenn die Leute dort wegwollen".

Einen halben Tag in Flugzeug und Hubschrauber weiter, an der israelischen Grenze, steht Klug vor einer richtigen Truppe - vor 164 Männern und sieben Frauen, die derzeit bei der Unifil Dienst tun und dort für Transport, Instandhaltung und Brandschutz des insgesamt rund 1000 Mann starken Kontingents zuständig sind. Er spricht von der erforderlichen Professionalität und davon, dass Österreich vielfach bewiesen hat, dass es ein verlässlicher Truppensteller ist.

Schwerpunkt im Ausland

Klug lässt keinen Zweifel daran, dass er von der in Österreich oft geäußerten Meinung, unser Heer solle sich auf seine Inlandsaufgaben beschränken, nichts hält. Aber die Innenpolitik reist bei solchen außenpolitischen Auftritten ohnehin immer mit. Und doch: Als Klug dann selber zur Schaufel greift, um den Grundstein für eine neue Unterkunft im Camp Naqoura einzubetonieren, kann er fröhlicher lächeln als bei den Terminen der vergangenen Wochen, wo er verkünden musste, welche Kasernen er zu schließen gedenkt.

Die Erinnerung an solche Termine holt Klug ohnehin ständig ein. Im Anschluss setzt er sich zu den begleitenden Journalisten, jetzt vielleicht noch eine Spur selbstbewusster als sonst.

Viele offene Punkte mit der ÖVP

Er räumt ein, was in den Gesprächen mit dem Koalitionspartner noch offen ist: Da geht es um Kasernenstandorte und die Zahl schwerer Waffen, um den Sonderinvestitionsbedarf, der trotz aller Einsparungen notwendig wird (schätzungsweise mehr als eine Viertelmilliarde Euro bis 2018), und die Militärmusik.

Am härtesten ist natürlich der Streit ums Geld: Der "Sonderinvest" genannte Betrag setzt sich aus Einmaleffekten wie der Nachrüstung der in die Jahre gekommenen "Black Hawk" Hubschrauber (80 Millionen) und laufenden Investitionen in die Verbesserung des Grundwehrdienstes (30 Millionen Euro pro Jahr und das über vier Jahre bis 2018) zusammen. Ein großer Posten soll die Aufstellung von zwölf voll ausgerüsteten Milizkompanien sein, für die als Anschubfinanzierung 26 Millionen Euro veranschlagt sind – im Endeffekt sollen es über 80 Millionen sein. Macht unter dem Strich gut 280 Millionen Euro.

Verkaufserlöse schon verplant

Wieviel das konkret wird, mag Klug nicht sagen. Kann er auch gar nicht. Denn: Wenn es in der Koalition keine Einigung über den Verkauf der zur Schließung vorgesehenen Kasernen gibt, gehen in den vom Generalstab erstellten Finanzierungskonzepten die bereits eingeplanten Verkaufserlöse ab. Ähnlich steht es um die geplanten Verkäufe von Panzern und Steilfeuerwaffen. Auch hier sind Verkaufserlöse eingepreist - aber die ÖVP will noch verhandeln.

Also ist eigentlich alles offen? Klug widerspricht: Über die Grundsätze gäbe es mit dem Koalitionspartner durchaus Einigkeit - immerhin wurde die Verteidigungsstrategie und insbesondere die Teilstrategie Landesverteidigung (die eine Abkehr von der klassischen Landesverteidigung vorschreibt) beschlossen, wurden die Rechenmodelle, die darauf basieren, außer Streit gestellt.

Im Übrigen verlasse er sich zu 100 Prozent auf den Generalstab. Heißt andersherum wohl: null Prozent Spielraum für Verhandlungen. Und nur noch zwei Tage bis Weihnachten. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 22.12.2014)