Wer dieser Tage mit dem Innenministerium in Wien über die Mühen der Asylwerberunterbringung spricht, bekommt, neben Quartier-Appellen an Länder, Heer und Kirchen, auch einen Polit-Appell an die EU zu hören: Die Union möge sich auf Flüchtlingsaufnahmequoten einigen, die dem EU-weiten Bevölkerungsanteil der jeweiligen Länder entsprechen. Das würde den Umgang mit den Schutzsuchenden europaweit verbessern.

Abgesehen davon, dass Österreich im Fall einer solchen EU-weiten Asylquotenvereinbarung Übererfüller wäre - und dass das dem Innenministerium bekannt ist: Die Idee ist gut. Und sie liegt auch nicht erst seit gestern auf dem Tisch. Nur ist zurzeit in der EU keine ernsthafte Bewegung in eine solche Richtung zu erkennen. Ebenso wenig wird nach Alternativen zu der für viele Bootsflüchtlinge tödlichen Abschottungspolitik im Mittelmeer gesucht.

Stattdessen regiert in den Staatskanzleien - und in der Folge in Brüssel - die Angst, das heiße Eisen Asyl anzugreifen. Das Auftreten lautstarker Flüchtlingsfeinde scheint einer solchen Reaktion recht zu geben. Doch diese ist möglicherweise unangebracht: In Deutschland hat eine Umfrage des Allensbach-Instituts jüngst ergeben, dass zwei Drittel aller Bürger bereit wären, Flüchtlinge persönlich zu unterstützen. Was das bedeuten kann? Vielleicht sind die Europäer im menschenrechtlichen Sinn mehrheitlich doch "europäischer", als die meisten Politiker meinen. (Irene Brickner, DER STANDARD, 23.12.2014)