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Die Brandruinen der Parteizentralen der NDP (li.) und der Muslimbrüder (re.) in Kairo erinnern seit fast vier Jahren an die Unruhen im Zusammenhang mit dem Sturz von Langzeitpräsident Hosni Mubarak.

Foto: REUTERS/Amr Abdallah Dalsh

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Comeback von Ahmed Ezz (Archivbild von 2010).

Foto: AP Photo/Nasser Nasser, File

Am 28. Jänner 2011, dem "Tag des Zorns", ging die Zentrale von Hosni Mubaraks Nationaldemokratischer Partei (NDP) in Flammen auf. Wie eine Trutzburg steht der verkohlte Betonkoloss immer noch in zentraler Lage am Nil in Kairo. Er soll abgerissen werden.

Die einstigen Herren haben hingegen trotz Parteiauflösung längst begonnen, sich neu zu organisieren. Mit der Ankündigung von Ahmed Ezz dieser Tage, als Kandidat für die im Frühjahr geplanten Parlamentswahlen anzutreten, ist der Startschuss für die Rückkehr der Mubarak-Getreuen auf die politische Bühne gefallen.

Ezz gilt als Symbol der politischen und ökonomischen Korruption im Mubarak-Regime. In zwei Jahrzehnten hatte der heute 55-jährige Zivilingenieur ein marktbeherrschendes Stahlimperium aufgebaut. Möglich wurde das nur durch die enge Verzahnung von Politik und Wirtschaft, von der Weltbank als Cronyism eingestuft - ein System, das von Mubarak-Sohn Gamal installiert worden war. Ein Kreis von Geschäftsleuten profitierte von Monopolen über dubiose Landkäufe bis zu fragwürdigen Krediten von Staatsbanken und zur Manipulation von Finanzmärkten.

In der NDP war Ezz politischer Sekretär - und damit verantwortlich für die Wahlfälschungen des Jahres 2010, des letzten Urnengangs vor dem Sturz Mubaraks im Frühjahr 2011. Nach der Revolution wurde er wie zahlreiche Geschäftsleute und Mitglieder des inneren Zirkels von Mubarak verhaftet. Im August dieses Jahres kam er wieder frei.

Von einem ersten Urteil über 37 Jahre Gefängnis ist für den Milliardär bloß eine Geldstrafe von zehn Millionen ägyptischen Pfund (1,1 Millionen Euro) wegen seines Stahlmonopols übrig geblieben. Sein Prozess verlief wie jener dutzender "Feloul" - der Männer des alten Regimes: Ihre Strafen wurden massiv reduziert oder die Anklagen wurden fallengelassen. Wie kürzlich jene gegen Mubarak selbst wegen Korruption und des Todes von Demonstranten.

Novelliertes Wahlgesetz

Auf "Drängen seiner Arbeiter" will Ezz nun in der Industriestadt Sadat City fürs Parlament kandidieren. In dieser Satellitenstadt, 100 Kilometer nordwestlich von Kairo, hat der Großindustrielle ein ganzes Netz von karitativen Einrichtungen mit Spitälern, Schulbussen, Stipendien oder Gratisdünger für die Bauern aufgebaut. "Chidamat" (Gefälligkeiten) heißt das Zauberwort für Wahlerfolge in Ägypten, wo große Teile der Bevölkerung arm sind und die staatliche Versorgung schlecht ist. Dieses unter Mubarak perfektionierte System wird mit dem neuen Wahldistriktgesetz - es wurde am Montag von Präsident Abdel Fattah al-Sisi unterzeichnet - am Leben erhalten: Es stellt sicher, dass 80 Prozent der Mandate an Unabhängige in gut beeinflussbaren Einzelwahlkreisen vergeben werden und nicht über Parteilisten.

"Die Initiative von Ezz ist keine individuelle Aktion, sondern ein Zeichen, dass sich das alte Netzwerk neu organisiert", sagt Professor Hassan Nafaa, Politologe an der Kairoer Universität. Das politische Kapital sei zurück und würde sich nun für die Revolution von 2011 rächen. Nafaa glaubt allerdings, dass eher Leute aus der zweiten und dritten Reihe antreten werden. Die Netzwerke der Feloul sind weiter intakt. Nach der Auflösung der NDP organisierten sie sich in mehreren neuen Parteien. Eine davon führt Ahmed Shafiq, Mubaraks letzten Premier, von den Emiraten aus als Bindeglied zu Geldgebern am Golf.

An vielen Orten war die alte Garde gar nie weg, etwa in den Medien - in den staatlichen wie den privaten. Alle großen privaten Zeitungen und TV-Kanäle gehören Geschäftsleuten. Die Feloul nehmen für sich in Anspruch, die einzige gut organisierte Kraft zu sein, die eine Rückkehr der Islamisten verhindern kann. Alle juristischen Hürden für eine Kandidatur von Ex-NDP-Mitgliedern sind beseitigt worden.

Sisi kommt unter Druck

Mit Ezz' Vorstoß werde auch Präsident Sisi in die Ecke gedrängt, endlich sein wirkliches Gesicht zu zeigen, sagt Politologe Nafaa. Denn noch immer sei nicht klar, ob sein Regime eine Verlängerung der Mubarak-Ära sei oder hinter der Revolution stehe.

Sisi laviert: Einmal erklärt er, es gebe keine Rückkehr zur Mubarak-Zeit, dann zeigt er keine Berührungsängste, etwa mit der Ernennung von Fayza Aboul Naga zur nationalen Sicherheitsberaterin. Sie war Ministerin unter Mubarak und Speerspitze der Kampagne gegen ausländische NGOs.

Nach der Revolution von 2011 lancierten junge Aktivisten die Kampagne "Emsek Feloul" (Ergreift die Feloul) und veröffentlichten etwa 10.000 Namen und Funktionen der auf 60.000 geschätzten NDP-Funktionsträger im ganzen Land. Sie fanden damals, die hätten in der Politik nichts mehr zu suchen. Vier Jahre später planen die Feloul ihre Rückkehr und versuchen, den negativ besetzten Begriff möglichst aus dem Sprachgebrauch zu verdrängen. (Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD, 24./25./26.12.2014)