Linz - Weihnachten gilt nur mehr jedem fünften Österreicher als hauptsächlich christlicher Festtag. Für 68 Prozent der Befragten in der aktuellen Umfrage des Linzer Market-Instituts für den Standard ist Weihnachten eher ein "besonderes Familienfest", weitere 13 Prozent sehen es überhaupt nur als "durchschnittlichen Feiertag".

Der christliche Kern des Festes wird vor allem von Befragten über 50 und von erklärten Anhängern der ÖVP wahrgenommen. Aber auch in diesen Gruppen gibt es jeweils Mehrheiten, die den familiären Charakter des Festes betonen.

Islam gewinnt an Bedeutung - auch bei uns

Die in der Vorwoche durchgeführte Umfrage zeigt, dass sich die Österreicher insgesamt von den christlichen Religionen abgewendet haben. "Einen starken Bedeutungsgewinn erwarten sich die Menschen nur vom Islam - und zwar sowohl in Österreich als auch weltweit", sagt Market-Institutsleiter David Pfarrhofer.

Für die in Österreich tätigen Religionsgemeinschaften ergibt sich, dass 54 Prozent einen Bedeutungsverlust der katholischen Kirche erwarten, bei der altkatholischen Kirche sind es 25 Prozent, bei der evangelischen Kirche 21 Prozent und bei der orthodoxen Kirche 14 Prozent.

Zu viel Einfluss der Kirche

Pfarrhofer verweist darauf, dass 32 Prozent der Wahlberechtigten meinen, dass die katholische Kirche ohnehin zu viel Einfluss habe - "es gibt allerdings einen harten Kern von Kirchentreuen, die einen zu geringen Einfluss der römisch-katholischen Kirche sehen, das sind so zehn bis elf Prozent". Dem Islam kreiden übrigens 45 Prozent zu viel Einfluss in Österreich an - nur ein Prozent meint, die Muslime hätten zu wenig Einfluss in unserem Land.

41 Prozent der Befragten glauben auch, dass die katholische Kirche in ihrem weltweiten Wirken an Bedeutung abnehmen wird, nur fünf Prozent erwarten eine Zunahme.

Ebenfalls 41 Prozent erwarten, dass die Bedeutung der römisch-katholischen Kirche global gleich bleiben wird - für Österreich liegt der (auch in der Grafik dargestellte) Vergleichswert bei 35 Prozent.

Was macht nun in den Augen der Österreicher einen guten Christen aus? "Die Kirche spielt da fast keine Rolle, die Sakramente auch kaum", fasst Pfarrhofer zusammen: "Für die meisten Befragten äußert sich Christentum in guten Werken oder ganz allgemein in Anständigkeit."

So sehen es 88 Prozent als konstituierend für einen Christenmenschen an, dass dieser nicht stiehlt und betrügt, etwa gleich viele verlangen, "dass man gut zu anderen Menschen ist", und vier von zehn Befragten erwarten von einem Christen auch, dass er treu ist, sich für sozial schwächere Menschen einsetzt und generell keinen Unterschied zwischen den Menschen macht. 76 Prozent glauben auch, dass man als Christ gut zu Tieren sein müsse.

Und wo bleibt Gott?

Nur 72 Prozent sehen es als wichtig an, dass Christen an die Existenz Gottes glauben. Nicht viel mehr als jeder Zweite meint, dass ein Christ an Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi glauben müsse. Tägliches Gebet und regelmäßigen Kirchgang erwartet nur jeder fünfte Befragte, sonntäglichen Messbesuch und das Befolgen dessen, was der Pfarrer rät, gar nur jeder zehnte Befragte.

Und was müsste die Kirche tun, um wieder attraktiver zu werden? Glaubensfragen stehen auch hier im Hintergrund, wie die Grafik links deutlich zeigt. 75 Prozent halten es für "sehr wichtig", dass die Kirche künftig "moderner und zeitgemäßer agieren" würde. (Conrad Seidl, Der Standard, 24. 12. 2014)