Eh, Umweltschutz ist wichtig, keine Frage. Aber zu Weihnachten geht es in Wahrheit nur um zwei Dinge: den gleichnamigen Baum mit haufenweise Süßigkeiten. Und das hemmungslose Zerfetzen des Geschenkpapiers, um an die ersehnte Lieferung des Christkindes zu kommen.

300 Tonnen Altpapier fallen in den Tagen nach dem 24. Dezember in Wien zusätzlich an, weiß die für die Abfallbeseitigung zuständige Magistratsabteilung 48. Fairerweise muss aber gesagt werden, dass es nicht nur die Geschenkverpackung allein ist, sondern auch die Schachteln der Flatscreens, Spielkonsolen und Skischuhe.

Wer jedoch glaubt, dass sich in der Müllmenge die hässliche Fratze des zeitgenössischen ressourcenvernichtenden Konsumsterrors entlarvt, liegt falsch. Knapp 100 Jahre nach Christi Geburt beschrieb ein Beamter in China erstmals die Herstellung von Papier, wie wir es heute kennen. Mit ziemlicher Sicherheit ist der Mann aber nicht der Erfinder, möglicherweise gab es in China schon 200 Jahre vor Christus Papier.

Mit Weihnachten hat das indirekt zu tun: Denn ab dem Jahr 200 AD verzierten die Ostasiaten ihre Präsente mit Dekorationen aus Papier. Spätestens seit dem achten Jahrhundert ist in Japan "Tsutsumi" dokumentiert - das "sanfte Verhüllen" von Geschenken mittels buntem Papier.

In Europa ging es mit Verhüllen erst im 19. Jahrhundert richtig los. Zunächst war es den angeblich besseren Kreisen vorbehalten, mit dem Beginn der Papierproduktion aus Zellstoff begann dann das breitflächige Festzurren und Picken - Letzteres nach Erfindung des Klebebands in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts.

In den vergangenen Jahren versuchten Umweltbewegte, ein Umdenken zumindest anzuregen. Statt dekorativem Papier sollen alternative Verpackungen unter dem Christbaum landen. Die Stadt Wien verkauft eigene Weihnachtssäcke, manche schaffen es auch, den natürlichen Zerstörungstrieb zu unterdrücken und die Präsente derart vorsichtig zu enthüllen, dass sie das Papier im Jahr darauf wiederverwenden können.

Ganz Schlaue habe auch den tieferen Sinn von Zeitungen entdeckt: Nach der befriedigenden und lehrreichen Lektüre des Standard beispielsweise kann der auch weihnachtliche Gaben gut verhüllen.

In diesem Sinne wünschen wir: Schöne Festtage! (Michael Möseneder, DER STANDARD, 24.12.2014)