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Wenn sogar die Franziskaner von der Pleite bedroht sind, braucht man sich über die finanzielle Schieflage der einstigen Insel der Seligen nicht mehr zu wundern. Der Orden, so der "Kurier", dürfte der Mafia auf den Leim gegangen sein. Man vernimmt es, und gleich fällt einem wieder ein, wie viele Wählerinnen und Wähler hierzulande einem Kärntner Heilsverkünder auf den Leim gegangen sind - mit schwerer wiegenden Folgen für die Republik, deren Generalministern die Finanzierungsmethoden eines Bettelordens selbst dann verschlossen bleiben, wenn sich die verhärteten Herzen der Vermögenden wenigstens so weit öffnen sollten, wie die SPÖ es erbettelt.

Sozialdemokratie, Fleisch geworden in Werner Faymann

Zum Ende des Jahres ruht Hoffnung wieder einmal auf der "Kronen Zeitung" , deren Herausgeber sich im Angesicht Europas auf die Seite der Sozialdemokratie, Fleisch geworden in Werner Faymann, gestellt hat, womit endgültig bewiesen ist, dass ein Brief zur rechten Zeit auch Jahre später Wunder zu wirken vermag, von denen ein moderner Franziskaner nur träumen kann.

Schulz statt Juncker

Noch eine Woche zuvor hatte der "Krone"-Herausgeber seine Rolle in der Europäischen Union ein wenig überschätzt und versprochen, er werde eine von 601.812 Personen unterschriebene Petition gegen das Freihandelsabkommen TTIP an Europas erster Adresse, bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Rahmen eines offiziellen Termins persönlich abliefern. Das ist es nicht ganz geworden, aber immerhin konnte er sich Sonntag in seinem Blatt in Wort und Bild als Überbringer besagter Botschaft an den EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz darstellen, was ja auch nicht schlecht ist.

Die EU nun als Schutzengel

Der umrahmende Text gewährte nicht zum ersten Mal Einblick in die tückischen Methoden, mit denen internationale Konzerne ganze Länder zu ihren Filialen erniedrigen wollen, und das nach derselben Maxime "Wer das Gold hat, macht die Regeln", die einem Austrokanadier zum Ruhm eines "Krone"-Kolumnisten im Dienste desselben Herausgebers verholfen hat, der nun die EU als Schutzengel gegen die Geister anruft, die er vor kurzem noch für seine Geschäfte eingespannt hat.

Mit den Stigmata eines Frank Stronach gezeichnet

Mit den Stigmata eines Frank Stronach gezeichnet, ist ihm Wirkung auf das internationale Kapital gewiss, dessen Ruchlosigkeit einer Entlarvung durch die Sozialdemokratie gar nicht mehr bedarf, auch wenn er sie als Gehilfin in Kauf nimmt. Vor allem die Sozialdemokraten in Europa kämpfen für eine Änderung des Pakts. Das sicherte EU-Parlamentspräsident Schulz der "Krone" bei der Petitionsübergabe in Brüssel zu!

Da kann sich selbst ein Django brausen

Was der "Krone" einmal von den Sozialdemokraten zugesichert ist, das pickt, da kann sich selbst ein Django brausen. Die "Krone" spricht schließlich nicht nur für sich selbst. "Dieser Pakt macht unsere Politiker zu Administratoren statt zu Gestaltern der Gesellschaft", meldet sich auch der international angesehene Chef der Tierschutzorganisation Vier Pfoten, Helmut Dungler, mahnend zu Wort.

Vier Pfoten für ein Hallelujah!, ist man da versucht begeistert auszurufen, fällt es einem doch wie Schuppen von den Augen, dass es bisher gar keines Paktes bedurfte, um unsere Politiker zu Administratoren statt zu Gestaltern der Gesellschaft zu machen. Und nicht einmal zu besonders guten, wie der Präsident des Rechnungshofes bestätigen kann.

Udo Jürgens statt Christoph Dichand

Sonntag hat die "Krone" die Zusicherung der europäischen Sozialdemokraten, sie in ihrem Kampf gegen TTIP zu unterstützen, gemeldet, und schon einen Tag später konnte sie von den ersten Auswirkungen ihres Eingreifens in die Weltwirtschaft berichten. US-Politiker gegen Handelspakt - Parteifreund von Obama sieht "größere Gefahren als die potenziellen Vorteile". Die Titelseite war an diesem Tag leider für den Tod von Udo Jürgens reserviert, so konnte auch das Foto, auf dem "Krone"-Chefredakteur und Herausgeber Dr. Christoph Dichand im Gespräch mit EU-Parlamentspräsident Schulz zu sehen war, erst auf den Seiten 12 und 13 erscheinen - zweifellos die krasse Unterbewertung eines historischen Dokuments.

Umso klarer die Botschaft an die "Krone"-Leser. Jetzt wächst auch in Amerika der Widerstand gegen den Handelspakt: Als erster einflussreicher US-Politiker hat sich niemand Geringerer als der Gouverneur des Staates Washington, Jay Inslee, gegen die umstrittenen Sonderklagerechte für Konzerne ausgesprochen. Sollte Gouverneur Inslee nicht viele Kollegen mitreißen, wird sich der "Krone"-Herausgeber wohl Barack Obama vorknöpfen müssen. Mit den Roten im Rücken. (Günter Traxler, DER STANDARD, 27/28..12.2014)