Berlin/Wien - Rundfunkgebühren müssen nur noch jene zahlen, die öffentlich-rechtliche Angebote nutzen. Öffentlich-Rechtliche sollen auf Werbung verzichten und sich über eine solche "moderne Nutzungsgebühr" finanzieren - oder gleich aus dem Staatshaushalt. Und sie sollten nur noch jene Programme liefern, die Private nicht anbieten.

Dieses Gebührenmodell schlägt - wie berichtet - der Wissenschaftliche Beirat des deutschen Finanzministeriums in einem Gutachten vor. Das Finanzministerium hat die Studie inzwischen veröffentlicht - Link unten.

Formate wie Private

44 Seiten umfasst das Papier, und so manche Passage klingt auch in Österreich bekannt. Etwa wenn das Gutachten Formate in öffentlich-rechtlichen Sendern ausmacht, "die inhaltlich und konzeptionell von der privaten Konkurrenz praktisch kaum zu unterscheiden sind": Das erwecke den Eindruck, als gehe es den Öffi-Sendern weniger um ihren Versorgungsauftrag und die Vielfalt denn um Einschaltquoten.

Der Beirat erinnert daran, dass öffentlich-rechtliche Sender für Vielfalt sorgen sollten, als die technischen Übertragungskapazitäten beschränkt waren. Der Grund sei ebenso "verblasst" wie jener hoher Produktionskosten.

"Überraschende" Unterschiede zu Print - bei gleichen Aufgaben

Deshalb findet es der Beirat "überraschend", dass Rundfunk - mit Lizenzen und Gebühren für bestimmte Angebote - so anders organisiert ist als etwa Zeitungen und Zeitschriften. An deren Abomodell könnten sich auch Rundfunkgebühren orientieren.

"Gute Gründe für eine Reform"

Wörtlich heißt es etwa in dem Gutachten: "Mit der Entstehung von Informationsmedien im Internet und dem Wegfall technologischer Beschränkungen sowie mit den stark gesunkenen Eintrittskosten für neue Programmkanäle haben sich die Bedingungen für das Informationsmedium Rundfunknachhaltig verändert. Die technischen Gründe, mit denen einst das öffentlich-rechtliche System gerechtfertigt wurde, sind heutzutage weitgehend verblasst. Durch die Überlappung der Medien, zum Beispiel bei den Internetauftritten,sind darüber hinaus Ansätze erkennbar, dass der Rundfunk in ineffizienter Weise in das bisherige Marktterritoriumder Printmedien eingreift. Diese veränderten Rahmenbedingungen liefern gute Gründe für eine Reform des Rundfunksystems."

"Lücken im Programmspektrum füllen"

Und: "Der öffentlich-rechtliche Anbieter sollte nur da auftreten, wo das privatwirtschaftliche Angebotklare Defizite aufweist. Angesichts der technischen Entwicklung gibt es kaum noch Gründe, warum der Rundfunkmarkt wesentlich anders organisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt, der durch ein breites privates Angebot und Subskriptionsmodelle gekennzeichnet ist. Nur dort, wo die Privaten kein geeignetes Angebot erstellen, entsteht eine Aufgabe für die öffentliche Hand. Einige Lücken könnten durch eine kluge Regulierung eines weitgehend privaten Angebots geschlossen werden. Öffentlich-rechtliche Sender könnten die verbleibenden Lücken im Programmspektrum füllen."

Werbung würden die Autoren der Studie den Öffentlich-Rechtlichen gleich ganz streichen - sie führe über Umwege wieder zu Quotenorientierung: "Hier sollte sich der Gesetzgeber entweder für eine klare Finanzierung aus dem allgemeinen Haushaltoder für eine moderne Nutzungsgebühr entscheiden."

Geld über Wettbewerbe

Die Studie schlägt vor, öffentliche Mittel über Wettbewerbe zu vergeben, was die Chancen auf innovative Sendeformate erhöhen: "Innerhalb des öffentlichen Rundfunks können wettbewerbliche Elemente dazu beitragen, dass sich die Sender dynamisch besser an die sich wandelnden Zuschauerinteressen anpassen und der Kosteneffizienz besonderes Augenmerk schenken. Solche wettbewerblichen Elemente sind Subskriptionsmodelle für spezialisierte Spartenkanäle, die Ausschreibung von innovativen Programminhalten über 'Arts Councils' und die Publikationspflicht von standardisierten Kenngrößen. Die größere Transparenz durch die Publikation von Kenngrößen fördert die Kosteneffizienz."

In Deutschland ist Rundfunk Länder-, nicht Bundessache. Über ein neues Gebührenmodell haben also die Bundesländer zu entscheiden. (red, derStandard.at, 27.12.2014)