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Essen in der Luft ist immer ein Wagnis - und eine Wettbewerbsfrage.

Foto: APA/Techt

Istanbul/Athen/Wien - Schokoriegel oder aber ein Minipackerl Soletti? Für zwei Stunden 15 Minuten Flugzeit von Athen nach Wien eine erträgliche, wenn auch armselige Wahl für den, der derzeit mit der AUA in der Economy reist. Andere legen mehr Ehrgeiz an den Tag: Während 50 Minuten in der Luft zwischen Istanbul und Sofia teilen die Flugbegleiterinnen und Stewards bei Turkish Airlines Lunchpakete mit Salat, Sandwich und Dessert aus und servieren dazwischen noch Getränke wie die tausendarmige Göttin Guanyin aus Fernost. Beim Landeanflug hat man noch die Gabel in der Hand.

"Niemand fliegt nur, um zu essen", sagt Seyda Güven, Marketingmanagerin bei Turkish Do&Co, dem Partnerunternehmen des österreichisch-türkischen Gastronomen Attila Dogudan mit Turkish Airlines. Aber das ist dann eben nur die halbe Wahrheit. Wer - wie in Istanbul zum Beispiel - schon zwei Stunden zum Flughafen anreist, eine weitere Stunde durch überfüllte Hallen geschwemmt wird und dann noch 20 Minuten angeschnallt auf dem Rollfeld steht, weil eben wieder zu viel los ist: der hungert dann doch.

Pilotversuch "Air food one"

Essen in der Luft ist immer ein Wagnis, und manche Passagiere haben es schon ganz vergessen oder lieber verdrängt: die fünf Stück verpickten Rigatoni in einer käseähnlichen Paste auf manchem Transatlantikflügen (neuneinhalb Stunden) oder die inneramerikanischen Fastenreisen zwischen Washington und Santa Fe, ohne Schokoriegel und Soletti (sechs Stunden). Umso größer war das Erstaunen in den USA, als im Herbst dieses Jahres die Kunde von "Air food one" aus Deutschland kam, einem Pilotversuch, den der Online-Lebensmittellieferant AllYouNeed.com und LSG Sky Chefs starteten, das Cateringunternehmen von Lufthansa und die weltgrößte Luftkombüse. Kunden am Boden in Köln und Düsseldorf konnten Bordmenüs ordern: Maispoularde mit Pilzgemüse, Garnelen chinesisch oder auch Kabeljau gebraten mit einem Kleckserl Remoulade.

Fliegende Köche

Im Prinzip geht es beim Kochen für Flugreisende um zwei Dinge: Frische der Produkte und die Technik des Aufwärmens. Mikrowellenherde sind bei Turkish Airlines zum Beispiel tabu. Die "Chefs", die hier wie bei einigen anderen Fluglinien an Bord sind, bewehrt mit einem weißen Barett-Hut, haben elektrische Öfen zu Verfügung, bei denen sie mit dem Hinzufügen von Wasserdampf noch etwas jonglieren, die Speise saftiger oder aber knuspriger machen können.

Zusammen mit Ana, Cathay, Etihad, Qatar oder Singapore hat Turkish Do&Co die Kochkunst für die Lüfte wohl am weitesten getrieben. Sarma - mit Reis und Gewürzen gefüllte Weinblätter - werden zum Beispiel in der Do&Co-Küche in Istanbul mit der Hand gedreht. 2014 ist Turkish von Skytrax wieder zur Fluggesellschaft mit dem besten Catering in der Business-Klasse gewählt worden - die AUA kam hier auf Platz 5 - und als zweitbeste hinter Thai Airways in der Economy-Klasse. "Catering ist ein gutes Marketinginstrument", sagt Seyda Güven, "denn bei den Maschinen hat jeder dieselben." (Markus Bernath, DER STANDARD, 27.12.2014)