Die umfassende Überwachung des Internetverkehrs durch Geheimdienste wie NSA oder GCHQ ist seit den Aufdeckungen von Edward Snowden ein allgegenwärtiges Thema. Doch die "Tradition" des Mithörens reicht weit in die Vergangenheit. Einen Einblick in die lange Geschichte gab der Enthüllungssjournalist James Bamford am Chaos Communication Congress (31c3) in Hamburg. Auf Basis seiner Erkenntnisse fordert er Gerichtsverfahren und Strafen für Geheimdienstspitzen.
100 Jahre Überwachung
Rückverfolgen lässt sich die Telekommunikationsüberwachung bereits über 100 Jahre. Anfang des vergangenen Jahrhunderts habe der britische, königliche Geheimdienst sich bereits Zugang zu Unterseekabeln verschafft und sich dabei des Vorteils bedient, dass für deren Betrieb und Wartung ohnehin staatseigene Firmen verantwortlich waren.
Zur selben Zeit hatte die "Black Chamber", die als ein Vorgänger der späteren NSA gilt, sich bereits damit beschäftigen müssen, bestehende bürgerliche Rechte auf geheimen Nachrichtenverkehr zu umgehen. Man versuchte es über die Telegrammdienstleister. Western Union habe demnach ohne Bedenken kooperiert, zwei andere Unternehmen erst nach Konsultation ihrer Juristen. So erhielt man Zugriff auf sämtliche Telegramme, die in und aus den USA verschickt wurden. The Black Chamber wurde 1929 zugesperrt, ging im Zweiten Weltkrieg aber wieder für einige Jahre in Betrieb.
Rein und raus bei US-Telcos
Als Quasi-Nachfolger sprang die Army Security Agency ein. Erst in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium gelang dem Geheimdienst, sämtliche Telekommunikationsfirmen zur Kooperation zu bewegen. Ein damals gegebenes Versprechen – Immunität für die Zusammenarbeit – wurde aber erst über ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 2008, eingelöst, wie Heise zusammen fasst.
Die NSA selbst machte es nach ihrer Gründung zur Praxis, täglich zwischen Mitternacht und Beginn der Frühschicht bei den großen US-Telcos ein und aus zu gehen, Bänder mit Telegrammen und Telefonaten abzuholen, in der eigenen Zentrale zu kopieren und die Originale wieder zurück zu bringen. Mittels eigenem Computer konnten diese durchsucht werden, Gerichte waren in diese Vorgänge nicht involviert.
"Kriminelle Organisation wie die Mafia"
Eine erste größere Untersuchung der Geheimdiensttätigkeiten von politischer Seite gab es erst in den 1970ern seitens des US-Kongresses. Auf Hinweis von Bamford, der damals selbst auf einem NSA-Stützpunkt auf Puerto Rico gearbeitet haben soll, wurde festgestellt, dass der Geheimdienst trotz gegenteiliger Angaben weiterhin auch US-Bürger in einem Programm namens "Minaret" abhören würde. In einer Akte des Justizministeriums aus 1976 wird die NSA als "kriminelle Organisation wie die Mafia" bezeichnet.
Aufklärung gefordert
Als Folge der Aufdeckung von "Minaret" wurde das geheime Gericht FISC ins Leben gerufen. Statt Anträge der Geheimdienste sorgfältig zu prüfen, würde dieses selbige aber nur abnicken, kritisiert Bamford. Unter George W. Bush jr. soll die NSA schließlich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 weitere politische Unterstützung erfahren haben, durch die Einrichtung von Inlandsüberwachung unter dem Titel "Stellar Winds" zur Umgehung gesetzlicher Vorgaben. Diesem folgten in den weiteren Jahren danach schließlich "Prism" und Co., die unter anderem von Edward Snowden enttarnt wurden.
Nach Ansicht von Bamford müssten CIA und NSA untersucht und vor Gericht gebracht werden, Gefängnisstrafen für die Verantwortlichen inklusive. Denn ihre Tätigkeiten hätten vor allem Rüstungskonzerne profitieren lassen und nicht die Bürger der USA. (gpi, derStandard.at, 29.12.2014)