Halbwissen regiert die Welt - zumindest in vielen Bereichen. Dort, wo es den menschlichen Körper betrifft, kursiert besonders viel Seltsames, vor allem dann, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Das wollten Irene Berres und Julia Merlot ändern. Die beiden Wissenschaftsjournalistinnen haben gängige Gesundheitsempfehlungen wie etwa "den Schnaps zur Verdauung", "das Teetrinken bei Erkältungen" oder "die Sauna gegen Muskelkater" hinterfragt. Die ursprünglich als Artikel in Spiegel online erschienen Texte sind jetzt in einem Taschenbuch versammelt.

Und tatsächlich ist die Lektüre sehr kurzweilig und aufschlussreich. In jedem Kapitel erfahren interessierte Leser etwas über den menschlichen Körper - den Stoffwechsel, den Wasserhaushalt oder die Temperaturregulation. "Warum helfen kalte Wadenwickel gegen Fieber?" ist ein überaus gelungenes Kapitel sowie die Beantwortung der Frage, ob zu kalt angezogen zu sein, auch tatsächlich krank macht.

Bierernst ist diese Sammlung an medizinischen Versatzstücken allerdings keineswegs. Die beiden Autorinnen klären auch die Frage, warum Fußballer während eines Matches immer so viel spucken und ob Alkohol mit dem Strohhalm geschlürft, tatsächlich schneller betrunken macht.

Von Muskel aufbauen bis Gelenke knacken

Auch Körperfetischisten kommen nicht zu kurz. Wer Muskeln aufbauen will, braucht Eiweiß, ist eine jener Standardsätze, die in Fitnessstudios kursieren. Dass das nicht unbedingt stimmen muss, und durchaus differenziert zu betrachten ist, wird in diesem schmalen Bändchen ausführlich abgehandelt.

Sogar Großmutters Hausmittel stehen auf dem Prüfstand. Beim Essen nicht trinken zum Beispiel oder die Frage, ob Lesen bei schlechtem Licht den Augen schadet. Auch abgesehen von Gesundheitstipps aus früheren Zeiten kursieren allerlei Geschichten: Dass Essen aus der Mikrowelle der Gesundheit schadet zum Beispiel oder das Karotten das Sehvermögen stärken.

Dort, wo es Studien und Untersuchungen gibt, haben die beiden Autorinnen zusammengetragen, was zu finden war. Oder auch einfach nur Ärzte um ihre Einschätzung gebeten. Insofern kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass es sich bei "Mythos oder Medizin" um ein Nachschlagewerk im allerbesten Sinne handelt. Inklusive Glossar am Schluss.

Wer Kinder hat und dadurch bei Krankheiten immer wieder in einen Erklärungsnotstand gerät, kann dort einfach nachlesen - oder gleich vorlesen, gegen Halbwissen und zur allgemeinen Beruhigung. (Karin Pollack, DER STANDARD, 3.1.2015)