Berlin - Bei den deutschen Christdemokraten ist eine Debatte über das künftige Profil von CDU und CSU entbrannt. Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich bekommt für seine scharfe Kritik am Mitte-Kurs der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel Zustimmung in Teilen der beiden Parteien.
"Die Union sollte nicht glauben, sie müsse sich um die konservativen Wähler nicht besonders bemühen, weil diese mangels akzeptabler politischer Konkurrenz ohnehin CDU oder CSU wählen", sagte der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach dem "Tagesspiegel" (Montag-Ausgabe). Wirtschaftspolitiker der Union sprachen sich für deutlichere inhaltliche Akzente aus.
Der CSU-Politiker Friedrich, inzwischen Vize-Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hatte kritisiert, dass die Union konservative Themen nicht mehr besetze. Dies trage mit zu einem Erstarken der eurokritischen AfD und der anti-islamischen Pegida-Bewegung bei. Friedrich warf Merkel im "Spiegel" vor, "im Mainstream stimmungsabhängiger Meinungsumfragen mitzuschwimmen".
Kritik an Planlosigkeit
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, mahnte, die Union müsse den Menschen wieder eine Vision vermitteln. "Wir brauchen einen Plan, wie am Ende des Tages das Haus aussehen soll, anstatt nur Stein auf Stein zu legen", sagte der CDU- Politiker der "Welt".
Die CDU-Zentrale wollte sich am Montag nicht dazu äußern. Auch die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz gab keinen Kommentar im Namen der deutschen Bundeskanzlerin ab. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wies Friedrichs Kritik zurück.
"Vergangenheitsbewältigung im Sinne von Nachtreten war noch nie ein guter Ratgeber", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" (Montag-Ausgabe). Friedrich musste im Februar wegen einer umstrittenen Informationsweitergabe zur Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy als Agrarminister zurücktreten.
Linke warnt vor Pegida
Linksparteichef Bernd Riexinger warnte die Union davor, Parolen der Pegida-Bewegung salonfähig zu machen. "Friedrich läuft den Ausländerfeinden und Islamverächtern von Pegida und AfD hinterher", sagte er "Tagesspiegel-Online".
Der AfD-Bundesvize Alexander Gauland erklärte, Friedrich habe Recht, wenn er Merkel vorwerfe, sie habe mit ihrem Kurs der Beliebigkeit das Aufkommen von Pegida und Wahlerfolge der AfD begünstigt.
Die deutsche Christdemokratie ist in zwei Parteien organisiert: Die CSU (Christlich-Soziale Union) tritt nur in Bayern an, die CDU (Christlich Demokratische Union Deutschlands) nur in den übrigen 15 Bundesländern. Im Bundestag bilden sie eine gemeinsame Fraktion. (APA, 29.12.2014)