Wien – Der Rechnungshof beklagt die mangelnde Kooperation der Kammern in Sachen Parteientransparenz. Eigentlich müsste der Rechnungshof die Geschäfte aller öffentlichen Unternehmen mit Parteifirmen eruieren. Laut seinem aktuellen Tätigkeitsbericht verweigert aber eine Reihe von Kammerunternehmen die Herausgabe der entsprechenden Informationen.

Die Veröffentlichung der Geschäfte zwischen öffentlichen Unternehmen und Parteifirmen ist Teil der 2012 beschlossenen neuen Transparenzregeln. Der Rechnungshof hat daher im November alle rund 6.000 betroffenen Einrichtungen aufgefordert, ihm die entsprechenden Daten zu liefern. Rund 85 Prozent hätten dies fristgerecht erledigt, heißt es im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs, aber: "Insbesondere die Unternehmen der Kammern kamen der Meldeverpflichtung nicht nach, weil diese die Prüfzuständigkeit verneinen."

Keine rechtliche Handhabe

Auf Anfrage hieß es dazu im Rechnungshof, dass es gegen eine derartige Meldeverweigerung keine rechtliche Handhabe gebe. Zwar könnte der Rechnungshof bei Streitigkeiten über die Prüfzuständigkeit den Verfassungsgerichtshof einschalten. Dies aber nur, wenn ein Kammerunternehmen eine Prüfung verhindert, nicht aber wenn nur die Herausgabe von Informationen nach dem Parteiengesetz verweigert wird. "Bei der Prüfung von Kammerunternehmen haben sie die Prüfzuständigkeit aber nicht bestritten, sondern nur im Zusammenhang mit dem Parteiengesetz und dem Medientransparenzgesetz", heißt es dazu im Rechnungshof.

Bericht zu Problemen mit neuem Gesetz

Für das erste Halbjahr 2015 kündigt der Rechnungshof daher einen Bericht über die Probleme mit dem neuen Parteiengesetz an. Darin sollen auch alle Unternehmen angeführt werden, die die Meldung verweigert haben.

Der Rechnungshof hat bereits mehrmals eine Reform der Transparenzregeln für Parteien gefordert und unter anderem kritisiert, dass ihm eine wirksame Kontrolle der Parteifinanzen verwehrt bleibt. In der Praxis können die Prüfer nämlich nur die ziffernmäßige Richtigkeit der von den Parteien vorgelegten Bilanzen kontrollieren. "Wenn ich Rechnungshof draufschreibe, dann muss ich dem Rechnungshof die Möglichkeit und die Ressourcen geben, dass er das prüft", sagte Präsident Josef Moser dazu bereits im Oktober.

Apropos Ressourcen: Im Vorjahr haben allein die (Vor-)Arbeiten für die Kontrolle der Parteibilanzen nach Angaben des Rechnungshofes rund 650 "Prüfertage" gebunden. "Mit demselben Aufwand hätte der RH etwa 10 Follow-up-Überprüfungen durchführen können", heißt es im Tätigkeitsbericht.

Wirtschaftskammer verteidigt Vorgehen

Die Wirtschaftskammer verteidigt die unterbliebenen Meldungen und geht – anders als der Rechnungshof – davon aus, dass ihre Tochterfirmen nicht der Rechnungshofkontrolle unterliegen. "Die Rechtslage ist hier völlig klar", betonte Vizegeneralsekretär Herwig Höllinger am Freitag. Daher bestehe auch keine Meldepflicht nach dem Parteien- und dem Medientransparenzgesetz.

Dies sehe auch die mit dem Vollzug des Mediengesetzes befasste KommAustria so, erklärte Höllinger. Tatsächlich hat die KommAustria bereits eine Reihe von "Feststellungsbescheiden" erlassen, in denen sie Kammerunternehmen attestiert, ihre Werbeaufträge nicht melden zu müssen (einzelne Kammerunternehmen melden ihre Werbeaufträge trotzdem, Anm.). Dies deshalb, weil jene Verfassungsbestimmung, die dem Rechnungshof seit 1997 die Prüfung der Kammern erlaubt, deren Tochterfirmen nicht erwähnt.

Rechnungshof sieht Lücke in der Verfassung

Der Rechnungshof sieht dieses Fehlen der Tochterfirmen als "echte Lücke" in der Verfassung und argumentiert, dass der Verfassungsgesetzgeber den Kammern wohl nicht die Möglichkeit geben wollte, "die Kontrollzuständigkeit des Rechnungshofs durch die Gründung von Unternehmen einschränken zu können". Ob diese Rechtsansicht zutrifft, müsste der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Dieser könnte vom Rechnungshof aber nur angerufen werden, wenn ein Kammerunternehmen die Prüfung verweigert. Dies war zuletzt aber nicht der Fall. Stattdessen hat die Service-Tochter der Wirtschaftskammer im Vorjahr der Rechnungshof-Prüfung zugestimmt, womit es zu keinem Feststellungsverfahren beim Verfassungsgericht kam.

"Wir haben den Rechnungshof die Service GmbH prüfen lassen – mit dem Hinweis auf unsere Rechtsauffassung, dass hier keine Prüfbefugnis besteht, aber um nicht den Verdacht zu erwecken, wir hätten etwas zu verbergen", begründet Höllinger. Für die Meldungen nach dem Parteien- und dem Medientransparenzgesetz gebe es aber weiterhin "keine Rechtsverpflichtung".

Für den Politologen Hubert Sickinger wären die vorenthaltenen Informationen aufgrund der Parteinähe der Kammern spannend, diese würden auch Aufträge an Parteien vergeben. "Gerade dort, wo man sie möchte, gibt es keine Transparenz", sagt er im Gespräch mit derStandard.at.

"Unrichtige und unvollständige Angaben"

In seinem Bericht schreibt der RH auch von "konkreten Anhaltspunkten zu allenfalls unrichtigen oder unvollständigen Angaben" der Parteien in ihren Rechenschaftsberichten. Für Sickinger ein Hinweis darauf, dass die Parteien womöglich ihre Ausgaben nicht genug aufgeschlüsselt haben oder dass die Zahlen zu den Wahlkampfkosten doch unvollständig sind. Wie berichtet, hat die SPÖ laut ihrem Rechenschaftsbericht das Limit von sieben Millionen Euro beim Wahlkampf zur Nationalratswahl 2013 nur knapp überschritten. Dies hatte für Aufsehen gesorgt, da die ÖVP die Grenze um vier Millionen Euro zu viel ausgegeben hat.

BZÖ ist säumig

Immer noch nicht beim Rechnungshof eingelangt ist übrigens der Rechenschaftsbericht des BZÖ für 2013. Zwar hat der Rechnungshof – entsprechend den Vorgaben des Parteiengesetzes – für zehn Parteien Wirtschaftsprüfer bestellt. Ihre Bilanzen für das Wahljahr vorgelegt haben aber nur neun davon: Die Parlamentsparteien SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, Team Stronach und Neos sowie die KPÖ und die Tiroler Parteien "Liste Fritz" und "Vorwärts Tirol". Mit der Veröffentlichung der ersten Parteibilanzen nach den neuen Regeln wird Mitte Jänner gerechnet, weil zuletzt noch eine Reihe von Nachfragen bei den Parteien ausständig waren.

SPÖ-Gewerkschafter tricksen

Die Rechenschaftsberichte werden erstmals Aussagen über die Finanzkraft der Gesamtparteien und nicht nur ihrer Bundesorganisationen zulassen. Allerdings müssen Teilorganisationen (wie die Bünde der ÖVP) auch nach den 2012 beschlossenen neuen Regeln keine Bilanz abliefern, sondern nur Einnahmen aus Spenden, Sponsorings und Inseraten melden. Bei der SPÖ haben Gewerkschafter und Senioren zu einem statutarischen Trick gegriffen: Sie haben jeweils einen zusätzlichen Verein zwischen sich und die Partei geschaltet und wollen so die Offenlegung von Spenden, Inseraten und Sponsorings umgehen. (APA/koli, derStandard.at, 2.1.2014)