Bild nicht mehr verfügbar.

Ankunft in Corigiliano Calabro in der Nacht auf Samstag.

Foto: AP/Antonino D'Urso

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Flüchtlinge auf dem Boot stammen aus Syrien.

Foto: Reuters/STRINGER/ITALY

Rom/Wien/Brüssel - Rund 450 Flüchtlinge haben an Bord des Frachters "Ezadeen" in der Nacht auf Samstag den sicheren Hafen der süditalienischen Stadt Corigiliano Calabro erreicht. Schlepper hatten die offenbar aus Syrien stammenden Menschen zuvor auf offener See ihrem Schicksal überlassen. Viele der Flüchtlinge an Bord des unter der Flagge Sierra Leones fahrenden Frachters waren unterkühlt.

Die italienischen Behörden waren am Donnerstagabend auf das Schiff aufmerksam geworden, als dieses sich rund 150 Kilometer vor der süditalienischen Küste befand. Am Freitag übernahm dann die Küstenwache die Kontrolle über den Frachter und begleitete ihn am späten Abend auch in den Hafen von Corigiliano Calabro. Die Behörden machten keinen Angaben zur Nationalität der Passagiere, nach Berichten italienischer Medien stammten sie aber alle aus Syrien.

Benzin ausgegangen

Von dort soll die "Ezadeen" nach Information der Schiffsinformationsseite marinetraffic.com auch aufgebrochen sein, bevor sie zuletzt Mitte Dezember in Farmagusta, in der von der Türkei kontrollierten Republik Nordzypern, vor Anker lag. Demnach sollte der 1966 gebaute Frachter ursprünglich den französischen Mittelmeerhafen Sete ansteuern, bevor ihn seine Besatzung in der Nacht auf Freitag verließ. Die Navigationsinstrumente waren so eingestellt, dass er mit voller Geschwindigkeit auf die italienische Südküste zusteuerte. Erst als das Benzin zu Ende ging und der Frachter daher stoppte, konnte ihn die italienische Küstenwache unter ihre Kontrolle bringen.

Kein Einzelfall

Ähnliches hatte sich erst am Dienstag auf dem unter moldauischer Flagge fahrenden Frachter "Blue Sky M" abgespielt, der knapp 800 Personen an Bord hatte. Auch dieser raste auf die felsige Küste Apuliens zu, eine Katastrophe konnte in letzter Minute verhindert werden. Schlepper scheinen sich zunehmend dieser Methode zu bedienen, weshalb die EU-Grenzschutzagentur Frontex am Freitag auch von einem "neuen Grad der Grausamkeit" von Seite der Menschenschmuggler sprach.

Das internationale Seerecht verpflichtet Seefahrende dazu, Schiffbrüchigen oder Passagieren havarierender Boote zu helfen. Diese Klausel haben Schlepper auch in der Vergangenheit immer wieder ausgenutzt. Meist setzten sie bisher aber Flüchtlinge auf kaum seetüchtigen Schlauch- oder Fischerbooten aus. Die Verwendung großer Frachtschiffe, die kurz vor der Verschrottung stehen, stellt eine neue Strategie dar.

Millionengeschäft

Die Flüchtlinge auf der "Ezadeen" haben bis zu 8000 Dollar für ihre Überfahrt gezahlt. Der Präfekt des süditalienischen Cosenza, Gianfranco Tomao, sagte am Samstag unter Berufung auf Aussagen der 360 Flüchtlinge, die das Schiff im Hafen von Corgliano verließen, sie hätten 4.000 bis 8.000 Dollar (3.320 bis 6.640 Euro) an die Schlepper gezahlt. Geht man von einem Durchschnitt von 6.000 Dollar aus, kommt man bei 360 Flüchtlingen auf mehr als zwei Millionen Dollar.

Für legale Einreisemöglichkeiten

Der österreichische EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer (SPÖ) sprach sich vor diesem Hintergrund am Freitagabend für legale Einreisemöglichkeiten für Drittstaatenangehörige aus. Gegenwärtig können Asylsuchende - etwa aus dem Bürgerkriegsland Syrien - nämlich nur auf europäischem Boden, nicht aber in ihrem Herkunftsland um Aufnahme ansuchen, womit die illegale Einreise meist der einzige Weg bleibt. Auch Innenministerin Johanne Mikl-Leitner (ÖVP) hat sich in der Vergangenheit für Resettlement-, also Umsiedelungsprogramme, für Flüchtlinge in die EU unter Schirmherrschaft des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR ausgesprochen. Eine Einigung auf EU-Ebene scheitert aber bisher vor allem an der Frage der Flüchtlingsverteilung.

Die EU-Kommission in Brüssel lobte die Anstrengungen der italienischen Behörden. Sie würden von der europäischen Grenzschutzmission "Triton" unterstützt. Der Kampf gegen den Menschenschmuggel bleibe auch im neuen Jahr eine Priorität der Kommission, sagte eine EU-Sprecherin. (APA/AFP, 3.1.2015)