Bangui/Kampala - Ein mutmaßlicher Chef der ugandischen Rebellengruppe Lord's Resistance Army (LRA) hat sich nach Angaben aus Washington der US-Armee in der Zentralafrikanischen Republik gestellt. US-Außenamtssprecherin Jen Psaki sagte, der Mann habe sich als Dominic Ongwen vorgestellt. Sollte dies zutreffen, wäre dies ein "historischer Schlag gegen die Kommandostruktur der LRA".

Die ugandische Armee bestätigte am Mittwoch, dass sich Ongwen (34) in US-Gewahrsam befand. Psaki zufolge wurde die Identität des mutmaßlichen Überläufers überprüft. Ein ugandischer Armeesprecher sagte einer Nachrichtenagentur, durch die derzeitige Entwicklung sei die LRA erheblich geschwächt. Ongwen habe sich zunächst den zentralafrikanischen Seleka-Rebellen gestellt und sei dann den US-Streitkräften übergeben worden.

Selbst Kindersoldat

Die christlich-fundamentalistische Rebellenorganisation LRA von Joseph Kony ist dafür bekannt, Dörfer zu überfallen und Kinder unter anderem für den Einsatz als Kämpfer zu verschleppen. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen, die Grausamkeiten der LRA dokumentieren, wurde Ongwen einst selbst als Zehnjähriger auf dem Schulweg von LRA-Kämpfern verschleppt und als Kindersoldat zwangsrekrutiert.

Ongwen stieg innerhalb der Organisation rasch auf. Im Alter von 18 Jahren bekleidete er bereits den Rang eines Majors, ein Jahrzehnt später war er Brigadegeneral. Seine Beziehungen zum LRA-Gründer Kony sollen schwieriger Natur sein.

Fünf Millionen Dollar Belohnung

Im Jahr 2013 setzten die USA eine Belohnung in Höhe von fünf Millionen Dollar für Konys Ergreifung aus. Er und Ongwen werden vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht.

Im März 2014 entsandten die USA zusätzliche Kommandoeinheiten und Osprey-Flugzeuge in die Zentralafrikanische Republik. Damit unterstützten sie Soldaten der Afrikanischen Union bei der Jagd nach Kony.

Der IStGH erließ gegen Ongwen 2005 einen Haftbefehl. Für Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen, wurden ebenfalls fünf Millionen Dollar als Belohnung ausgesetzt. Das US-Außenministerium wirft Ongwen "Mord, Versklavung und Misshandlung von Zivilisten" vor.

HRW fordert Auslieferung

Für Ida Sawyer von der Afrika-Abteilung der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wäre Ongwens Festnahme ein Schritt nach vorne bei der Sühnung "zahlreicher Gräueltaten" der LRA. Er solle umgehend ausgeliefert und an die Justiz überstellt werden.

Die LRA trat erstmals 1986 im Norden Ugandas in Erscheinung. Sie gab an, für die Interessen der dortigen Volksgruppe der Acholi gegen die Regierung von Präsident Yoweri Museveni zu kämpfen. Nach UN-Angaben hat die Lord's Resistance Army mehr als 100.000 Menschen getötet und über 60.000 Kinder verschleppt.

Die LRA wurde im Jahr 2006 aus Uganda vertrieben, doch sind kleinere Gruppen weiter in den Dschungeln der Zentralafrikanischen Republik, der Demokratischen Republik Kongo, des Südsudans und des Sudans aktiv. (APA, 7.1.2015)