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Unbeliebt wegen des höheren Gewichts, aber beliebt wegen des besseren Geschmacks: die Glasflasche. Im Bereich Mineralwasser gibt es in Österreich nun mehr Auswahl.

Foto: APA/Karl-Josef Hildenbrand

Es wird aus hunderten Metern Tiefe gewonnen, darf nicht verunreinigt sein, muss strengen mikrobiologischen und chemischen Richtlinien der EU entsprechen: Für viele Konsumenten ist es daher unsinnig, dass natürliches Mineralwasser in Plastik verpackt wird. Alternativen zu Plastikflaschen sind in Österreich jedoch rar. Das ändert sich nun langsam, große Anbieter setzen wieder auf Glasflaschen.

Waldquelle bietet seit Jahren Mehrweg-Glasflaschen an. Und Vöslauer hat Anfang Oktober die Ein-Liter-Mehrweg-Glasflasche auf den Markt gebracht. "Eine Marketmind-Umfrage aus dem Jahr 2012 hat gezeigt, dass 52 Prozent gerne Glas-Mehrweg kaufen, das Angebot im Handel jedoch nicht als attraktiv empfinden", erklärt Alfred Hudler, Vorstand von Vöslauer, die Erweiterung des Sortiments.

Der aktuelle Marktanteil der Ein-Liter-Mehrwegglasflasche am Pfandmarkt betrage von der Menge her 9,3 Prozent und vom Wert 11,4 Prozent, informiert Hudler. "Wir können mit den ersten Zahlen zufrieden sein, sind uns aber bewusst, dass es längere Zeit dauert, bis das Potenzial der Glasmehrwegflasche voll ausgeschöpft wird", zieht der Vöslauer-Vorstand eine erste Bilanz. Generell teile sich der Mineralwasser-Pfandmarkt in 80 Prozent Einweggebinde und 20 Prozent Mehrweggebinde, sagt Hudler. In Mehrweggebinden wird vor allem Bier abgefüllt. Dieses Getränk hat knapp 70 Prozent Mehrweg-Anteil in Österreich.

Freiwillige Selbstverpflichtung seit 2000

Die Einweg-PET-Flasche war jedoch nicht immer Marktführer. Noch bis Ende der 2000er-Jahre galt die Verpackungszielverordnung: Sie regelte für Getränkeverpackungen strenge Quoten der Wiederverwendung. Doch 2000 wurde eine Novelle mit Mehrheit der ÖVP und FPÖ durchgesetzt. Dadurch bestand für Industrie und Handel nur noch eine "freiwillige Selbstverpflichtungserklärung", um die Mehrwegsysteme zu erhalten. Seither sinkt der Anteil stetig. Die freiwilligen Maßnahmen der Getränkewirtschaft zur Beschränkung von weggeworfenen Plastikflaschen sind gescheitert. Bei Mineralwasser ist der Mehrweganteil seit 2000 von 64,6 auf aktuell unter 20 Prozent geschrumpft.

Dabei wurden in mehreren Untersuchungen hormonähnliche Substanzen im Mineralwasser gefunden, das in Plastikflaschen verpackt wurde. Martin Wagner arbeitet als Toxikologe an der Goethe-Universität Frankfurt und erforscht Mineralwasser auf chemische Rückstände und berichtet: "Unsere Studien, wie auch die anderer Forschergruppen, zeigen, dass Mineralwasser hormonähnliche Substanzen enthält. Wir haben die hormonelle Wirkung von Mineralwasser in zahlreichen Biotests nachgewiesen."

Mögliches gesundheitliches Risiko nicht erforscht

Die Wissenschafter konnten nachweisen, dass Mineralwasser verschiedenster Herkunft Chemikalien enthält, die sowohl wie natürliche Östrogene wirken als auch die Wirkung von Androgenen, also Sexualhormonen, hemmen. "Obwohl die verantwortlichen Substanzen bisher weitgehend unbekannt bleiben, wissen wir aus anderen Zusammenhängen, dass hormonaktive Chemikalien durchaus ein gesundheitliches Risiko darstellen können", sagt Wagner. Für ihn ist es daher wichtig, diese Substanzen im Mineralwasser aufzuklären und deren gesundheitliches Risiko zu bewerten.

Gesundheitlich unbedenklich, aber chemisch im Geschmack

Noch eine andere Komponente spricht für die Glasflasche: Das sogenannte Acetaldehyd ist ein Nebenprodukt der PET-Herstellung, das aus der Flasche in geringen und gesundheitlich unbedenklichen Mengen ins Mineralwasser übergeht. "Dort führt es zu einer Geschmacksveränderung, die viele Verbraucher als chemisch beschreiben. Unser Geschmackssinn ist äußerst empfindlich, sodass wir Acetaldehyd schon in niedrigsten Mengen schmecken können", sagt Wagner.

Deshalb verwenden viele Mineralwasserhersteller in ihren PET-Flaschen sogenannte Aldehydfänger, die das Acetaldehyd neutralisieren, sagt der Toxikologe: Dadurch wird eine geschmackliche Veränderung des Wassers verhindert. "Der Nachteil hierbei ist allerdings, dass einige Aldehydfänger hormonähnliche Substanzen als Verunreinigungen enthalten", sagt Wagner.

Grenzwerte herabgesetzt

Nach Einschätzung mancher Behörden wie der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) ist Acetaldehyd krebserregend, berichtet Wagner. Diese Beurteilungen beziehen sich aber hauptsächlich auf den Konsum alkoholischer Getränke. "In Letzteren kann der Acetaldehydgehalt bis zu 1.000-mal höher sein als in Mineralwasser. Insofern ist Acetaldehyd in Mineralwasser zunächst einmal ein sensorisches und weniger ein toxikologisches Problem", betont der Wissenschafter.

Was die Quelle der Kontamination angeht, kämen der Mineralbrunnen selbst, der Abfüllungsprozess und das Verpackungsmaterial in Betracht. "Wir haben Daten vorgelegt, die zeigen, dass die PET-Verpackung eine Quelle der östrogenartig wirkenden Substanzen ist", sagt Wagner. Allerdings zeige eine aktuelle Studie auch, dass andere hormonähnliche Substanzen vermutlich nicht aus der Verpackung stammen. "Insofern ist davon auszugehen, dass alle drei Kontaminationsquellen in Betracht kommen. Auch hier besteht noch großer Forschungsbedarf", sagt Wagner.

Umweltfreundlichkeit im Vergleich

Dass Glasflaschen pauschal umweltfreundlicher sind, stimmt jedoch nicht, wie Sascha Roth, Umweltreferent beim Naturschutzbund Deutschland, bestätigt: "Das Gewicht der Glasflasche verschlechtert zwar die Ökobilanz, allerdings kann eine Glasflasche ungefähr doppelt so oft, rund 50-mal, wiederbefüllt werden im Vergleich zur Plastikmehrwegflasche."

Richtige Entsorgung liegt beim Konsumenten

Wichtig für die Beurteilung von Getränkeverpackungen sind neben Gewicht, der Häufigkeit der Verwendung und dem Energieaufwand sowie der Endlichkeit der verarbeiteten Rohstoffe auch die Entsorgungswege nach Gebrauch der Verpackung. Roth sagt dazu: "Wo Verpackungen in die Natur oder in die falsche Tonne geworfen werden, wirken sie umweltschädlich beziehungsweise sind sie der weiteren Verwertung entzogen." (jus, derStandard.at, 19.1.2015)