Wer schon einmal in den öffentlichen Verkehrsmitteln schwarz gefahren ist, kennt das Gefühl, das sich in diesen Situationen mal stärker und mal weniger stark einstellt: die Angst vor einer Fahrscheinkontrolle. Es schießen einem Gedanken durch den Kopf wie "Was sage ich am besten, wenn sie mich erwischen?" oder "Ach du ... ist der grimmig aussehende Typ da drüben etwa Kontrolleur?". Manchmal spielen sich solche Gedanken jedoch auch trotz des Besitzes eines gültigen Tickets ab. Etwa dann, wenn nicht der Mangel an jenem, sondern der oftmals für dessen Vollständigkeit benötigte Personalausweis selbst das Problem darstellt.

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Wenn die Person augenscheinlich nicht zu ihrem Ausweis passt

Viele Trans*Personen ändern im Laufe ihrer Transition ihren Namen und Personenstand. Ebenso verändern viele von ihnen ihre äußere Erscheinung, durch Kleidung, Auftreten, aber auch durch medizinische Maßnahmen wie Hormontherapie oder operative Eingriffe. Wer sich möglichst wenigen lästigen Situationen aussetzen möchte, in denen etwa eine Diskrepanz zwischen dem offiziellen Namen und Geschlecht einerseits und der äußeren Erscheinung andererseits zu Irritation und gar Problemen führt, wird vermutlich versuchen, Namen und Personenstand der Erscheinung entsprechend zu halten, und diese Daten somit erst offiziell zu korrigieren, wenn sich auch letztere geändert hat. Dass dies quasi unmöglich ist, ist bereits in der Tatsache gegründet, dass sich schwer bestimmen lassen kann, ab wann mensch etwa von mehr als fünfzig Prozent der Bevölkerung nun als dem Identitätsgeschlecht zugehörig gelesen wird. Ebenso ist keine Sicherheit über die Bearbeitungszeit der Namens- und Personenstandsänderung gegeben.

Outing ob du willst oder nicht

Demnach bewegen sich viele Trans*Menschen zumindest eine Zeit lang mit einem Ausweis oder anderen Personaldokumenten durch den Alltag, die sich wie ein ungültiger Fahrschein anfühlen: sei es, weil sie bereits ihren neuen Namen und das Identitätsgeschlecht angenommen haben, jedoch von vielen nicht so wahrgenommen werden (was auch bezeichnet wird als "kein Passing haben"), oder umgekehrt, weil sie eben schon von der Mehrheit richtig gelesen werden (also "Passing haben"), offiziell aber noch den alten Namen und das alte Geschlecht über sie vermerkt ist. Die Antwort auf die Frage "Was sage ich am besten, wenn ich erwischt werde?" lautet dann fast unausweichlich "Erklär' die Situation", was einem Zwangsouting bezüglich der eigenen Transidentität gleichkommt, welches meist noch dazu im öffentlichen Raum und demnach vor mehreren unbeteiligten Personen quasi als Spektakel miterlebt werden darf. Dass dies eigentlich einen immensen Eingriff in die Privatsphäre darstellt, scheint von vielen kontrollierenden Beamt*innen ignoriert zu werden.

Immer noch übler: rassistisch motivierte Kontrollen

Ein jedoch viel weitreichenderes Problem haben Menschen in Österreich, die, schlicht weil sie nicht weiß sind, zahlreicheren, intensiveren und oftmals auch sehr respektlosen Polizeikontrollen ausgesetzt werden. Handelt es sich dabei noch dazu um eine Trans*Person, kann mensch sich nur denken, wie sich eine U-Bahn-Fahrt, auch mit voll gültigem Ticket, für diese anfühlt. Vermutlich noch am sichersten, da polizeiliche "Routinekontrollen" oft in den U-Bahn-Stationen selbst stattfinden, wo immerhin sehr unterschiedliches Publikum abgegriffen werden kann. Ist aber bestimmt nur Zufall, dass mensch meist nicht-weiße Personen neben den Beamt*innen stehend und auf das Ende solcher Kontrollen wartend sieht. (Mike, dieStandard.at, 13.1.2015)