Frankreich hat einen neuen Helden: Lassana Bathily. Der 24-jährige Muslim hatte während der Geiselnahme in dem koscheren Hyper-Cacher-Supermarkt in Paris einige der Geiseln im Keller versteckt.

Nach dem Ende der Geiselnahme bedankten sich viele der in den Keller Geflüchteten bei Bathily. Auch der französische Präsident François Hollande dankte ihm telefonisch. Auf Twitter war die Anteilnahme groß. Unter #UneMedaillePourLassana werden Bathilys Aufnahme in die Ehrenlegion und auch die Verleihung der französischen Staatsbürgerschaft gefordert.

"Wie eine zweite Familie"

Bathily stammt ursprünglich aus Mali und ist 2006 als 16-Jähriger nach Frankreich gekommen, um hier seinen Vater wiederzutreffen, berichtet France 24. Einen offiziellen Aufenthaltstitel hat Bathily seit 2011. Einen Monat nachdem er diese Niederlassungserlaubnis bekommen hat, hat er auch Arbeit gefunden – in dem jüdischen Supermarkt, der nun Schauplatz der Geiselnahme wurde. Er fühlte sich dort gut aufgehoben. "Es gab niemals Bemerkungen über meine Religion. Es war wie eine zweite Familie für mich", sagte er France 24.

Lassana Bathily erzählt, wie er die Geiselnahme erlebt hat.
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Versteck in der Kühlkammer

Bathily war in dem jüdischen Hyper-Cacher-Supermarkt als Lagerarbeiter und Kassier beschäftigt und hatte am Freitag gerade im Keller des Supermarktes gebetet, als der Attentäter Amedy Coulibaly das Gebäude stürmte, vier Menschen erschoss und weitere als Geiseln nahm.

Einige der anwesenden Kunden flüchteten vor dem Geiselnehmer in den Keller, dort trafen sie auf Bathily, der sie in die Kühlkammer führte, die Kühlung ausschaltete und die Leute zu beruhigen versuchte. Über die Zahl der Versteckten gibt es derzeit unterschiedliche Angaben. Die "New York Times" berichtet von 15 Personen, die Nachrichtenagentur AFP von mindestens fünf, und die "Süddeutsche Zeitung" schreibt von sechs Geretteten.

Der Geiselnehmer schickte eine Angestellte des Supermarktes in den Keller, um dort nach weiteren Menschen zu suchen. Vier Personen aus der Kühlkammer hätten danach die Frau wieder nach oben begleitet und versichert, dass sich niemand mehr im Keller aufhalten würde. Warum sich diese vier Personen dafür entschieden hatten, der Frau zu folgen, ist derzeit noch nicht bekannt.

Flucht über Lastenaufzug

Bathily entschied sich einige Stunden später, zu versuchen, das Gebäude über den Lastenaufzug zu verlassen, berichtet die "New York Times". Er habe auch den anderen angeboten, mit ihm zu kommen, aber die in der Kühlkammer Versteckten hatten Angst, der Geiselnehmer könnte den Fluchtversuch bemerken, und entschieden sich dafür, im Versteck zu bleiben.

Der Fluchtversuch gelang. Die bereits vor dem Haus positionierten Polizisten befahlen Bathily, sich auf den Boden zu legen und seine Hände über dem Kopf zu verschränken. Anschließend wurden ihm für eineinhalb Stunden Handschellen angelegt.

Schließlich half Lassana Bathily der Polizei mit einer Schilderung des Grundrisses des Gebäudes beim Einsatz gegen den Geiselnehmer. Auch eine der Geiseln im Keller stand in telefonischem Kontakt mit der Polizei und erleichterte deren Einsatz. (red, derStandard.at, 12.1.2015)