Bild nicht mehr verfügbar.

Die Präsidentenmaschine am 3. Juli 2013 auf dem VIP-Gelände des Flughafens Schwechat.

Foto: EPA/HELMUT FOHRINGER

Bild nicht mehr verfügbar.

Bundespräsident Heinz Fischer (rechts) eilte damals zum Flughafen.

Foto: AP Photo/Hans Punz

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Geheimdienst NSA wurde, so die Dokumentation, blamiert.

Foto: AP Photo/Patrick Semansky, File

Bild nicht mehr verfügbar.

Edward Snowden war nicht in dem Flugzeug, sondern in Moskau.

Foto: AP Photo/The Guardian, Glenn Greenwald and Laura Poitras

Eine Dokumentation im deutschen Fernsehen hat die Affäre rund um die überraschende Landung des bolivianischen Präsidentenflugzeugs auf dem Wiener Flughafen im Sommer 2013 wieder aufgegriffen. Der Film zeichnet die Flucht des ehemaligen US-amerikanischen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, der millionenfach Geheimdokumente der NSA gestohlen hatte, von Hongkong in sein Moskauer Exil nach. Die ARD-Journalisten lassen unter anderem den früheren NSA-Direktor Michael Hayden zu Wort kommen, der den massiven Druck der USA auf europäische Regierungen schildert, der schließlich in dem unfreiwilligen Österreich-Besuch von Boliviens Präsident Evo Morales mündete.

Ende Juni 2013 reiste Morales zum Gipfel der gasexportierenden Länder nach Moskau – in einer Präsidentenmaschine. Laut Wiener Abkommen genießt diese Art Flugzeug – ähnlich wie eine Botschaft – besonderen diplomatischen Schutz. Allgemein wurde erwartet, dass sich Snowden auf den Weg nach Lateinamerika begibt. Die linksgerichteten Regierungen Boliviens, Venezuelas und Ecuadors hatten ihm, anders als die EU-Staaten, Asyl angeboten. Morales legte vor Ort in Moskau nach: In einem Fernsehinterview bekräftigte er die Bereitschaft Boliviens, Snowden Unterschlupf zu gewähren.

USA übten massiven Druck aus

Die USA waren überzeugt, dass sich Snowden an Bord der bolivianischen Maschine befindet. Als Konsequenz erhöhte Washington den Druck noch weiter, Frankreich und Spanien verweigerten Morales daraufhin den Überflug. Die US-Regierung habe auf "die Europäer" eingewirkt, das Flugzeug mit Morales an Bord entgegen aller diplomatischen Usancen zur Landung zu zwingen und zu durchsuchen, berichtet der frühere NSA-Chef Hayden. Konkret: Österreich. Dort, genauer gesagt im Außenministerium, hat man heute wie damals "keine Informationen über ein derartiges Ansuchen der USA", wie ein Sprecher sagt. Fest steht, dass der Pilot der Maschine den Schwechater Tower aufgrund technischer Probleme um eine Landegenehmigung bat.

Gefunden wurde in Morales' Maschine freilich nichts, Snowden befand sich die ganze Zeit über im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo, den er erst einige Wochen später verlassen durfte. Und doch sollte Snowden von dem Ablenkungsmanöver profitieren, schildert die Dokumentation. Snowden, als das gejagte Opfer einer außer Rand und Band geratenen Behörde inszeniert, erhielt kurz danach offiziell – wenn auch befristeten – Asylstatus in Russland und durfte den Flughafen Scheremetjewo nach einem Monat im Transitbereich verlassen.

"Westeuropa spielte für Gegenmannschaft"

Für Wikileaks-Gründer Julian Assange, der sich unter anderem das Aufzeigen von Machtmissbrauch auf die Fahne schreibt, beweist die erzwungene Landung in Schwechat die Machtlosigkeit Europas gegenüber Washington: "Man konnte sehen, dass sich Westeuropa kein Bein für ihn ausreißt. In Wahrheit spielte Westeuropa für die Gegenmannschaft." Der ARD-Film legt nahe, dass die Gerüchte rund um den Morales-Flug gezielt von Assange, der bis heute in der ecuadorianischen Botschaft in London lebt, gestreut wurden, um die US-Fahnder zu düpieren. "Die Machstrukturen lagen offen, fast so, als wäre das Meer zwischen Europa und Amerika zurückgewichen", erinnert sich Assange.

Hayden zieht im Interview freimütig in Betracht, dass die US-Behörden in der Causa Morales wohl gezielter Desinformation aufgesessen ist. "Auf diesen Gedanken bin ich bisher nicht gekommen", sagt Hayden. "Aber die Idee ist unglaublich clever." Dass die US-Offiziellen ihrem abtrünnigen Mitarbeiter jemals verzeihen und auf ihn zugehen, glaubt auch Hayden nicht. "Das wäre keine gute Idee, sondern ein Schlag ins Gesicht all jener Beamten, die ihren Amtseid nicht gebrochen haben." Eine offizielle Stellungnahme wurde den Filmemachern vonseiten der US-Behörden nicht zuteil. (red, derStandard.at, 13.1.2015)