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Die Mehrheit der EU-Bürger, die an der Befragung der EU-Kommission teilgenommen hat, hat sich gegen Schiedsgerichte im TTIP-Abkommen ausgesprochen.

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Wien - Als ihr die Debatte um Schiedsgerichte im Handelsabkommen TTIP im Vorjahr entglitt, entschloss sich die EU-Kommission, einen Gang zurückzuschalten. Die Verhandlungen mit den USA über Investitionsschutz wurden ausgesetzt und eine öffentliche Konsultation darüber einberufen. Jeder EU-Bürger konnte online seine Meinung abgeben. Fast 150.000 Personen und 445 Organisationen haben das getan. Das Ergebnis, das am Dienstag präsentiert wurde, fiel eindeutig aus.

"Aus der Konsultation geht klar hervor, dass äußerste Skepsis herrscht", lässt sich die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström in einer Pressemitteilung zitieren. Investitionsschutzklauseln ermöglichen es Unternehmen, Staaten vor Schiedsgerichten zu klagen, wenn sie sich von Gesetzen benachteiligt fühlen. Die Kommission will neue, modernere Standards setzen, so sollen künftig etwa die Urteile von Schiedsgerichten veröffentlicht werden. NGOs kritisieren die Regelungen und sehen die Souveränität demokratischer Staaten in Gefahr.

Die Einsendungen würden eine breite Ablehnung gegen den Investitionsschutz in TTIP beinhalten, heißt es im 140-seitigen Bericht der EU-Kommission. Auch das Abkommen selbst würde von den meisten abgelehnt werden. Im Gegenzug sei eine große Mehrheit von Unternehmensvertretungen und großen Unternehmen für den Investitionsschutz. Kleine Unternehmen seien eher skeptisch, was den Nutzen betrifft.

Die EU-Kommission sieht den Bericht als Grundlage für weitere Diskussionen. "Er ist keine Antwort darauf, ob der Investitionsschutz in TTIP enthalten sein wird", sagt etwa Lutz Güllner von der Generaldirektion Außenhandel der EU-Kommission. "Man kann aus dem Papier keine Handlungsempfehlungen ableiten." Es sei vielmehr Basis für die nächsten Schritte. Die Kommission betont, dass es sich bei der Befragung um keine repräsentative Umfrage handle. 97 Prozent der Einsendungen seien von Organisationen vorverfasst und quasi deckungsgleich eingesandt worden.

Die Mehrheit der Einsendungen stammt aus Großbritannien. Mehr als ein Drittel der knapp 150.000 Stimmen kommen von der Insel. Auf Platz zwei liegt aber schon Österreich mit einem knappen Viertel der Stimmen. Relativ zur Größe der Bevölkerung stammen die mit Abstand meisten Einsendungen aus Österreich. So gerechnet haben die Österreicher fünf Mal häufiger als die Briten und zehn Mal häufiger als die Deutschen ihr Veto gegen den Investitionsschutz eingelegt. Die EU-Kommission führt das vor allem auf die erfolgreiche Kampagne von Greenpeace und der Kronen Zeitung zurück.

Bis März will sich die Kommission mit den Mitgliedsstaaten, dem Europäischen Parlament, Unternehmen und NGOs zusammensetzen, um über die Investitionsschutzklauseln zu beraten. Danach sollen Vorschläge vorgelegt werden. "Der Ball liegt jetzt bei den Mitgliedsstaaten", sagt Florian Schweitzer von Greenpeace. Auch die österreichische Regierung hat die Kommission ja mitbeauftragt, TTIP mit Schiedsgerichten auszuhandeln.

Nachdem in Medien und sozialen Netzwerken eine hitzige Debatte ausgebrochen ist, hat sich zumindest die SPÖ klar gegen die Gerichte im Abkommen mit den USA positioniert. Nächste Woche stattet Malmström Wien einen Besuch ab. Das müsse die Regierung nutzen, um ihre Skepsis auszudrücken, sagt Schweitzer. Die EU-Kommission geht davon aus, dass TTIP auch durch die nationalen Parlamente muss. Dann würde die Abstimmung im österreichischen Parlament eine Probe für die Koalition werden. Die SPÖ könnte die ÖVP gemeinsam mit der Opposition, die sich geschlossen gegen Schiedsgerichte ausgesprochen hat, überstimmen. (sat, DER STANDARD, 14.1.2015)