Um unseren Hunger auf Schnitzel, Steak und Chicken Wings zu stillen, werden alljährlich zig Milliarden Tiere durch die Mühlen der Fleischindustrie geschickt. Dazu kommt der rasant wachsende Appetit auf Fleisch in China und anderen Teilen Asiens – neben der ethischen Frage werden damit auch Kapazitätsprobleme virulent.

Der Verein Speiseplan und Christoph Thomann haben es sich zur Aufgabe gemacht, Insekten als Lebensmittel zu etablieren. In manchen Teilen der Welt sind sie das seit jeher, in der EU hat einzig Belgien bisher zehn Insektenarten als geeignet für den menschlichen Konsum zertifiziert.

Heuschrecken, Wachsraupen, Soldatenfliegen-Larven und anderes Krabbelgetier mehr steht anderswo schon längst routinemäßig auf dem Speiseplan. Die Zucht dieser Tiere ist ungleich nachhaltiger als jene von Säugetieren, ihre Präsenz auf unseren Tellern wirkt einstweilen aber noch gewöhnungsbedürftig. Das war auch der Grund dafür, einen Spitzenkoch mit ihnen experimentieren zu lassen.

Der steirische Dreihaubenkoch Harald Irka selbst ist durchaus überrascht, wie unaufgeregt sich Insekten in unseren Speiseplan integrieren lassen – in den Menüs der südoststeirischen Sazianistub'n wird man sie vorerst aber nicht finden: "Einstweilen habe ich noch keine entdeckt, die als geschmackliche Entdeckung gewertet werden können."

Foto: Severin Corti

Auf Vermittlung von Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler, in deren Futurefoodstudio das Dinner auch stattfand, kochte der 23-Jährige (im Bild mit Sous-Chef Jakob Mayrhofer) ein viergängiges Abendmahl, bei dem Insekten im Mittelpunkt standen. Der ORF wird im Rahmen einer "Thema"-Reportage am 9. Februar den Genuss von Insekten behandeln.

Foto: Severin Corti

Geröstete Mehlwürmer auf geselchter Rahmsauce mit pochiertem Ei und Kresse

Ein überaus gefälliger Auftakt, die nussig duftenden Mehlwürmer bieten einen angenehm knusprigen Kontrast zur Cremigkeit von Dotter und Sauce – so etwas ließe man sich noch so gern als Frühstück gefallen.

Foto: Severin Corti

Wildschweinterrine mit Mairüben und Heuschreckenpastete mit Gin-Dressing und Anis

Der zweite Gang gibt sich noch schmeichelweicher als der erste – so ist das also, wenn ein Spitzenkoch sich sogenannten Ekelessens annimmt: Die cremig pürierten und mit Verjus und Kräutern fein abgeschmeckten Heuschrecken sind in hauchdünn geschnittene, knackige Scheiben von der Mairübe gehüllt und funktionieren als frischwürziger, sauerfruchtiger und kühler Kontrast zur Erdenschwere der Wildschweinterrine. Sehr gut!

Foto: Severin Corti

Briocheburger mit Rindfleisch-Grille-Heimchen-Laberl und Mehlwurm-Knusper

Ein Spitzenkoch wie Irka weiß im Gegensatz zur drückenden Mehrheit der Burger-Wirte, dass ein ordentlicher Hamburger vor allem eine Würze braucht: richtig scharfen Senf. Dann ist auch das Laberl mit einem Drittel gehackter Grillen und Heimchen keine große Mutprobe. Nur dass vereinzelt Köpfe und Beinchen herausragten, wurde von manchen als harte Prüfung empfunden. Irka freilich war das ein Anliegen: "Wenn schon, denn schon, oder?"

Foto: Severin Corti

Vanilleeis mit Mehlwurmkrokant und Matcha

Ja, auch vor Süßspeisen macht Irka nicht halt, wenn es um die Verwendung von Insekten in der Küche geht. Der Krokant, zart mit Amaretto aromatisiert, macht sich gar nicht schlecht als süße Knabberei.

Foto: Severin Corti

Zum Kaffee gab es Mehlwurm-Schokolade, die zwar optisch als größte Herausforderung gewertet wurde, aber auch besonders schnell weggeputzt war: Mit feinem Mandelgeschmack und zarter Knusprigkeit sind offenbar auch Fundamentalskeptiker für die Idee vom Wurm als Mahl zu gewinnen.

Foto: Severin Corti

Christoph Thomann vom Verein Speiseplan führte durch den Abend und ist überzeugt, dass auch im Westen eher früher als später Insekten verspeist werden: "Dafür spricht nicht nur der Nachhaltigkeitsgedanke, sondern auch die Fülle wertvoller Nährstoffe, die in Insekten enthalten sind." (Severin Corti, derStandard.at, 16.1.2015)

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