Nach einem freundlichen Auftakt an der US-Börsen fassten am Freitag auch die europäischen Anleger wieder Mut: Der Dax sprang erstmals über die Marke von 10.100 Punkten. Auch der EuroStoxx legte in der Spitze um 1,1 Prozent zu und notiert damit so hoch wie seit Weihnachten nicht mehr.

Die Anleger in Europa setzen Händlern zufolge darauf, dass die EZB am nächsten Donnerstag die Geldschleusen sperrangelweit öffnen wird. Spekulationen, die den Euro wieder auf Talfahrt schicken. Gegen 17.00 Uhr notierte die Gemeinschaftswährung mit 1,1501 Dollar. Zwischenzeitlich notierte der Euro in London bei 1,1460 Dollar, das war der tiefste Stand seit dem 11. November 2003. Das heutigen EZB-Fixing lag noch bei 1,1588 Dollar.

Hintergrund ist, dass die Europäische Zentralbank (EZB) vor einer historischen Entscheidung steht. Denn Notenbank-Präsident Mario Draghi scheint fest entschlossen, auf dem ersten geldpolitischen Treffen der Währungshüter in diesem Jahr die Geldschleusen ganz weit zu öffnen und den Banken noch mehr Liquidität zur Verfügung zu stellen. In Vorbereitung ist ein breit angelegter Aufkauf von Euro-Staatsanleihen - im Fachjargon "quantitative Lockerung" (QE) genannt. Draghi dürfte mittlerweile eine Mehrheit im EZB-Rat dafür haben.

Turbulenzen im Vorfeld

Der vor allem an den Finanzmärkten mit Spannung erwartete EZB-Beschluss, der am nächsten Donnerstag verkündet werden könnte, hat bereits im Vorfeld für Turbulenzen gesorgt. Gerade erst musste die Schweizer Notenbank dem Druck nachgeben. Weil der Euro durch die Aussicht auf Anleihenkäufe immer mehr an Wert verliert, ist die Koppelung des Franken an die europäische Gemeinschaftswährung zu teuer geworden. In der Folge wertete der Franken massiv auf - gut für die Exportbranchen in den Ländern der Euro-Zone.

An der Börse gilt die neuerliche Geldspritze der EZB inzwischen als ausgemachte Sache - entsprechend hoch ist allerdings auch das Risiko, sollte Draghi anders entscheiden. "Allein aus Gründen der Glaubwürdigkeit scheint QE unvermeidbar", so die Volkswirte der Großbank UniCredit. Auch Helaba-Analyst Ulrich Wortberg geht fest davon aus, dass die EZB liefern wird. "Die Frage ist jetzt, wie die Details und das Volumen aussehen werden." Die UniCredit-Experten erwarten mindestens 500 Milliarden Euro für Staatsbonds und zusätzliche bis zu 250 Milliarden für Unternehmensanleihen sowie weitere Wertpapiere. (Reuters/red, derStandard.at, 16.1.2015)