Freilich ließe es sich trefflich über Salvador Dalís Sager diskutieren, der da lautet: "Wer interessieren will, muss provozieren". Ein aktueller Anlass für einen solchen Gedankenaustausch wäre ein Besuch der Ausstellung Mario Testino: In Your Face in den Sonderausstellungshallen am Kulturforum der Staatlichen Museen zu Berlin.

Insgesamt gibt es dort 125 Bilder des in London lebenden 60-jährigen Mode- und Porträtfotografen zu sehen, der für Vanity Fair ebenso abdrückte wie für die Vogue und einen ganzen Haufen führender Modehäuser.

Vor die Linse kamen dem Fotografen, der zwischen der Kunst- und Modewelt hin und her tänzelt die Schiffer oder die Moss genauso wie Mick Jagger und Prinzessin Diana.

Neben dem Promi- und Glamourfaktor sind es aber eher jene Bilder, auf denen allerlei vor allem rund geformte Körperteile zu betrachten sind, die Testino das Mäntelchen des Agent Provocateur umhängen: hier der Hintern eines feschen Bertls mit völlig intaktem Waschbrett, dort zwei äußerst spärlich bekleidete Damen, die sich raubkatzengleich aneinanderschmiegen. Nun, die einen hören diese schnurren, den anderen treiben derlei gelungene Annäherungsversuche noch immer die Röte der Empörung ins Gesicht, wenngleich die Art dieser Inszenierungen nicht selten einen Touch Eighties à la Miami Vice transportieren.

Trotzdem: Im Wiener Café Prückel würde die oben abgebildete Bubenrunde wohl lange auf ihre Melange warten. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 23.1.2015)