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Der dreifache Olympiasieger Toni Sailer war auch in seiner Heimatstadt äußerst erfolgreich. Der "schwarze Blitz von Kitz" holte fünf Siege am Hahnenkamm.

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Kitzbühel – "Sepp, i muaß dir oane obahaun, damit du woaßt, wie schön's war", soll Franz Reisch zu seinem Freund Josef Herold nach einer seiner ersten Touren mit zwei Brettln, damals "norwegische Schneeschuhe" genannt, gesagt haben. Der Skipionier schaffte im März 1893 mit der Fahrt vom Kitzbüheler Horn die erste hochalpine Skiabfahrt Österreichs. Entsprechende Anerkennung blieb dem Drogeriekaufmann zunächst verwehrt. "Schaut's, iaz is der Reisch ganz narrisch wor'n" sollen die Kitzbüheler damals gerufen haben.

Reisch hatte sich das Buch "Auf Schneeschuhen durch Grönland" zu Gemüte geführt und soll durch die von Autor Fridjof Nansen vermittelte Begeisterung quasi Blut geleckt haben. Das Werk des norwegischen Polarforschers wurde so zum Auslöser einer Entwicklung, die das kleine Bergstädtchen über die Jahre zu einem Mekka des Skisports werden ließ.

Bereits 1895 stieg das erste Rennen in der Gamsstadt. Mit der Gründung der Wintersportvereinigung 1902, der Skischule 1927 sowie dem Bau der Hahnenkammbahn im Jahr darauf, wurden die Weichen für jenes Spektakel gestellt, das heute weltweit fasziniert.

Frühlingserwachen

Das erste Hahnenkammrennen 1931 war allerdings eine schwere Geburt. Die Bergbahnen lehnten zunächst den Wunsch nach einem Rennen Ende Februar aus Geld- und Platzmangel ab, zumal zu dieser Zeit schon und noch Hochsaison war. Ende März sollte es dann aber doch mit dem Werbelauf klappen. Die Kitzbüheler wollten der Welt demonstrieren, dass auf den relativ nieder gelegenen Grasbergen Skilaufen auch dann noch möglich war, wenn andernorts längst der Frühling Einzug gehalten hatte. Kitzbühel mauserte sich langsam zu einem Wintersportzentrum. Nicht zuletzt durch den Besuch von König Edward VIII., Prince of Wales, der einen Boom an zahlungskräftigen britischen Gästen auslöste.

1937 wagte man sich erstmals auf die Streif. Thaddäus Schwabl bewältigte sie in 3:57,1 Minuten. Damals allerdings standen zahlreiche Bäume im Weg und die spärlich gesteckten Tore ließen die Läufer bei der Linienwahl kreativ werden. Ein Genie diesbezüglich war Christian Pravda. Der Vater des Kitzbüheler Wunderteams um Toni Sailer, Anderl Molterer (Kitzbühel-Rekordler mit neun Erfolgen), Ernst Hinterseer, Hias Leitner und Fritz Huber packte die Streif 1951 als erster unter drei Minuten. "Er hat den Stil revolutioniert. Er ist modern und instinktiv gefahren und die anderen haben es nachgemacht", so Kitzbühel-Urgestein Karl Koller, ehemaliger Leiter der legendären Skischule "Rote Teufel".

Zugeschnappt

Damals wurde auch die Mausefalle eingerichtet. Für den Namen des mit 85 Prozent steilsten Stücks der Strecke zeichnet Anton Sailer senior verantwortlich. "Des is wia a Maustrappei", soll er gesagt haben. Sailer junior und Molterer, der schwarze und der weiße Blitz aus Kitz, und ihre Kollegen dominierten die Rennszene in den 50er-Jahren nach Belieben. Sie sammelten insgesamt 27 Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften und feierten Siege auf allen klassischen Strecken. Die Erfolge und nicht zuletzt das Charisma des ersten globalen Medienstars Sailer waren Katalysatoren für die Popularität Kitzbühels.

Als ein gewisser Karl Schranz 1966 seinen ersten von vier Abfahrtssiegen in der Gamsstadt feierte, wurde auf der Seidlalm der Weltcup aus der Taufe gehoben, ein Meilenstein. Federführend dabei war der französische Sportjournalist Serge Lang.

Sepp Blatter vs. Karl Schranz

Drei Jahre später wäre es beinahe zu einem Eklat in der Gamsstadt gekommen, als die Schweizer Uhr bei der Zieldurchfahrt von Schranz nicht stoppte und der "König vom Arlberg" vom Eidgenossen Jean-Daniel Dätwyler geschlagen schien. Schranz polterte: "Das kann ned sein, wenn i überall Bestzeit g'habt und alles perfekt erwischt hab". Als ihn damals der heutige Fifa-Präsident und damalige Longines-Vertreter Sepp Blatter mit einer Uhr als Trostpreis beruhigen wollte, herrschte ihn Schranz an: "I pfeif auf dei Uhr, i will den Sieg". Und er bekam ihn. Das Szenario war zwar kein schönes, aber immerhin mussten auch keine Watschn verteilt werden. (Thomas Hirner aus Kitzbühel, derStandard.at, 21.1.2015)