Wien - Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) fordert in einem gemeinsamen Brief mit seinem französischen Amtskollegen Michel Sapin "einen Neustart" für die Finanztransaktionssteuer (FTS) auf europäischer Ebene. Am Dienstag soll die Maßnahme, die elf Euro-Länder einführen wollen, in Brüssel am Rande des Treffens der Finanzminister der EU zum Thema werden.

Sowohl inhaltlich als auch von dem Prozedere her sei man in einer Sackgasse angelangt, schreiben die beiden Minister in ihrem mit 21. Jänner datierten Brief an jene neun Finanzminister, die gemeinsam mit ihnen die FTS einführen wollen. Ziel bleibe aber die Einführung der Steuer 2016.

Inhaltlich plädieren die beiden Minister dafür, die Steuer mit der "breitestmöglichen Basis und niedrigen Steuersätzen" zu starten. Zugleich müsse man die technische Abwicklung genau überlegen, damit die Steuer nicht lediglich dazu führt, dass der Finanzsektor seine Geschäfte in andere Länder verlegt. Denn sonst würden Spekulation nicht verhindert und die Einnahmen nicht auf dem erwarteten Niveau ausfallen.

Probleme macht den interessierten Ländern die Einführung der neuen Steuer von nur elf Ländern im Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" statt im üblichen EU- oder Euro-Rahmen. Die Ausgestaltung der verstärkten Zusammenarbeit müsse man sich gut überlegen, heißt es in dem Brief. Bisher gebe es weder einen dauerhaften Vorsitz für die Gruppe, noch ein Team, das offene Fragen weiter verfolgt. Weder werden im Vorfeld Papiere vorbereitet, noch im Nachhinein Protokolle erstellt. Auch gebe es keine technische Unterstützung durch die EU-Kommission, obwohl diese bei dem ganzen Prozess eine zentrale Rolle spielen sollte.

Daher sollte einer der elf Finanzminister zum Vorsitzenden ernannt werden und künftige Treffen leiten. Jemand müsse die technische Koordination übernehmen, auch solle die EU-Kommission klarstellen, wie sie die verstärkte Zusammenarbeit unterstützen will.

Schelling hat kürzlich auch gemeinsam mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble einen neuen Vorschlag vorgelegt, wonach die FTS ab 2016 auf Aktien und ab 2017 "auf alles, ausgenommen Staatsanleihen" eingehoben werden soll.

Schelling koordiniert

Die Arbeiten zur Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer sind weitergehend in österreichischer Hand. Die Finanzminister der elf Länder, welche die Steuer im Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" einführen wollen, einigten sich laut Delegationskreisen am Montag in Brüssel darauf, Österreich die Koordinierung zu übertragen.

Wie es in Ratskreisen ergänzend hieß, unterstützen die elf Minister auch den Inhalt eines Vorstoßes von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und seinem französischen Kollegen Michel Sapin.

Offizielle Erklärung

Eine offizielle Erklärung der elf Staaten wird demnächst erwartet. Neben Österreich, Deutschland und Frankreich sind Belgien, Estland, Griechenland, Italien, Portugal, Slowenien, Slowakei und Spanien in der Gruppe der elf Länder. Die Verhandlungen laufen seit Jänner 2013.

Schelling hatte vor der Sitzung erklärt: "Es soll ein permanenter Vorsitzender gewählt werden, damit die Arbeit nicht immer von null beginnt. Es soll ein Sekretariat errichtet werden, das die Arbeiten auf der technischen Ebene koordiniert, sodass wir dann zu einem Ergebnis kommen." Er fügte hinzu: "Inhaltlich bleiben wir bei der Meinung, die wir immer gesagt haben: Alle Produkte hinein, und dafür den Satz geringer zu fahren."


(APA, 22.1.2015)