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Verhütungsmittel für den Mann könnten bei Bildung, Reifung, Funktion und beim Transport der Spermien ansetzen.

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Die beliebtesten Verhütungsmittel der Österreicher (Stand: 2012).

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Verhütung ist nach wie vor überwiegend Frauensache – zumindest im Hinblick auf die Verhütungsmittel, die zur Verfügung stehen. Außer Kondom und Sterilisation mittels Vasektomie gibt es keine wirksame Methode der Kontrazeption für den Mann. Sowohl Antibabyspritze als auch Pille für den Mann sind, entgegen zahlreichen Ankündigungen, bisher ausgeblieben. Warum eigentlich?

Wenig Forschungsinteresse

"Die Pharmaindustrie steckt nicht besonders viel Geld in die Forschung zu diesem Bereich, weil sie sich relativ wenig davon erwartet", sagt Urologe Markus Margreiter von der Med-Uni Wien. Es gebe zwar seit etwa 20 Jahren mehr Forschung in diese Richtung und auch eine eigene Abteilung dazu am amerikanischen National Health Institute, doch wirkliche Erfolge blieben noch aus. Das dürfte auf absehbare Zeit auch so bleiben, so der Experte.

Dabei wären zusätzliche Möglichkeiten für den Mann nicht nur aus Gründen der Gleichberechtigung wichtig: "Seit Einführung der Antibabypille war Verhütung vor allem Frauensache. Mittlerweile wollen aber auch immer mehr Männer eine aktive Rolle bei der Verhütung spielen." Vor allem für Jüngere wäre eine absolut sichere Methode ohne Nebenwirkungen, die es jetzt noch nicht gibt, von Interesse.

Viele Ansätze

Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten, an denen männliche Kontrazeptiva ansetzen können: die Samenbildung, die Samenreifung, die Samenfunktion und den Samentransport. Das Problem aller hormonellen Methoden, die etwa die Spermienbildung blockieren sollen, ist weniger deren Unwirksamkeit als die starken Nebenwirkungen.

So wurde 2011 eine Studie zur "Antibabyspritze" für den Mann abgebrochen, nachdem jeder zehnte Studienteilnehmer Nebenwirkungen von einer Gewichtszunahme bis hin zur Depression entwickelt hatte. Generell hält Margreiter von hormonellen Methoden für Männer wenig, auch weil sie nicht praktikabel seien. Eine regelmäßige, häufige Injektion sei schließlich wesentlich unangenehmer als das Schlucken einer Tablette.

"Deutlich vielversprechender ist ein Verhindern des Spermientransports. Derzeit wird an einem Wirkstoff gearbeitet, der die Kontraktion des Samenleiters verhindern soll", so der Experte. Dann käme es zwar immer noch zu einer Ejakulation, allerdings ohne dass die Spermien mittransportiert werden. Schließlich machen diese nur etwa zehn Prozent der gesamten Samenflüssigkeit aus.

"Heiliger Gral"

Aber auch ein Verhindern der Spermiogenese, also der Bildung von Samenzellen, wird angedacht. Hierzu gab es Studien mit Krebstherapeutika und anderen Wirkstoffen, die aber alle wegen hoher Nebenwirkungen wieder verworfen wurden. Eine andere Möglichkeit wäre es, jene Proteine zu blockieren, die bei der Meiose die Teilung der Samenzellen bewirken. Daran wird noch geforscht.

All diesen Methoden gemein ist, dass es selbst bei positiven Studien und Verträglichkeitstests noch lange bis zu einer Einführung dauern dürfte. "Männliche Verhütung gilt als der Heilige Gral, den es zu finden gilt", sagt Margreiter. Ob das jemals der Fall sein wird, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Eines ist für Margreiter aber klar: Sollte jemals die Pille oder eine Antibabyspritze für den Mann kommen, müsse man noch deutlich mehr Geld in Aufklärung und Prävention von Geschlechtskrankheiten stecken: "Schon jetzt glauben viele Jugendliche, dass die Antibabypille für die Frau auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt. Kommt die Pille für den Mann, dürfte diese Wissenslücke noch größer werden." Dabei ist ein wirksamer Schutz vor Aids und Co. ausschließlich durch das Kondom gegeben.

Sichere Vasektomie

Trotz ihrer vermeintlichen Endgültigkeit wurde die Vasektomie, also ein Durchtrennen des Samenleiters, in den vergangenen Jahren immer beliebter. Laut Margreiter entscheidet sich jeder zehnte Mann im Lauf seines Lebens für diesen Eingriff. Die Vorteile: Er ist unkompliziert, nebenwirkungsfrei und sehr sicher. Der größte Nachteil: Man muss sich sehr sicher sein, keine Kinder mehr zu wollen. Denn oft lässt sich die Sterilisation nicht mehr rückgängig machen.

Etwa jeder 20. Mann bereut den Eingriff und würde sich, nach veränderten Lebensumständen oder einem Partnerwechsel, doch noch Kinder wünschen. Bei einem Rückgängigmachen des Eingriffs in den ersten fünf Jahren liege die Erfolgschance bei etwa 70 Prozent, so Margreiter. Liegt die Vasektomie aber schon zehn Jahre und länger zurück, ist sie nur mehr bei etwa einem Drittel der Männer reversibel. Deshalb kommt sie fast ausschließlich für ältere Männer infrage, die ihre Familienplanung bereits abgeschlossen haben.

Dass die Vasektomie nicht nur hochwirksam ist, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Beziehung und die Sexualität hat, zeigt eine neue Studie. Von den beteiligten 77 Männern, zum Zeitpunkt der Vasektomie durchschnittlich 37 Jahre alt, würden sich 93 Prozent rückblickend wieder für den Eingriff entscheiden und ihn auch weiterempfehlen. Die Studie bestätigte eine signifikant höhere Lust und Zufriedenheit bei beiden Partnern. (Florian Bayer, derStandard.at, 22.1.2015)