New York - Die deutsche Regierung hat Russland als Angebot im festgefahrenen Ukraine-Konflikt eine Wirtschaftskooperation bis hin zur gemeinsamen Freihandelszone in Aussicht gestellt. Kanzlerin Angela Merkel habe auf dem Wirtschaftsgipfel in Davos Verhandlungen zwischen der EU und der von Russland dominierten Eurasischen Union über "Möglichkeiten einer Kooperation in einem gemeinsamen Handelsraum" als Option unterbreitet, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Freitag. Zur Voraussetzung habe Merkel eine umfassende Friedenslösung in der Ostukraine gemacht.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko kam am Donnerstagabend mit seinen wichtigsten Ministern zu Beratungen über die Lage in der Ostukraine zusammen. Dabei habe er angeordnet, bei Verstößen gegen die in Minsk im September vereinbarte Waffenruhe "dem Feind auf die Schnauze zu hauen", wie die russische Agentur RIS Nowosti seinen Sprecher Swjatoslaw Zegolko zitierte.

Ukraine will mehr Gas aus Europa

Nach schweren Gefechten um den Flughafen von Donezk zogen sich am Donnerstag die Regierungstruppen aus dem Hauptterminal zurück. "Ihn zu halten machte keinen Sinn mehr", sagte Poroschenkos Berater Juri Birjukow. "Der Flughafen bleibt aber Frontlinie."

Der Chef des ukrainischen Gasversorgers Naftogas, Andri Koboljew, berichtete unterdessen, dass die Ukraine heuer bis zu 60 Prozent ihres Gasbedarfs aus Europa beziehen werde. Vom bisherigen Hauptlieferanten Russland sollen 2015 maximal 40 Prozent und in einigen Jahren nur noch 33 Prozent der Gasimporte kommen, sagte Koboljew am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Die europäischen Pipelines hätten genug Kapazität, um 90 Prozent des ukrainischen Gasbedarfs zu decken.

UN verurteilen Angriff auf Bus

Der UN-Sicherheitsrat verurteilte am Donnerstagabend den Granatenangriff auf Zivilisten an einer Bushaltestelle in Donezk und forderte in einer Erklärung eine objektive Untersuchung, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Regierungstruppen und Separatisten hatten einander gegenseitig die Schuld am Tod von mindestens 13 Zivilisten bei dem Anschlag gegeben.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte unterdessen direkt an Russland und die Ukraine, die Vereinbarungen des jüngsten Ukraine-Treffens in Berlin auch einzuhalten. Wer es in Moskau und Kiew ernst meine mit einer friedlichen Lösung, müsse jetzt "alles dafür tun, damit die Spirale von Gewalt und Gegengewalt gestoppt wird", sagte Steinmeier am Donnerstagabend bei einem Besuch in Marokko. "Wenn wir die vielleicht letzte Chance auf eine politische Lösung nutzen wollen, dann bleibt nicht viel Zeit."

Einrichtung einer Pufferzone geplant

Die Außenminister Deutschlands, Russlands, Frankreichs und der Ukraine hatten sich am Mittwochabend in Berlin darauf geeinigt, dass im Osten der Ukraine eine Pufferzone eingerichtet wird. Dabei geht es um einen Streifen von 30 Kilometern Breite, aus dem alle schweren Waffen wie Granatwerfer verschwinden sollen.

Steinmeier äußerte sich schockiert über den Granatenangriff in Donezk. "Ganz offenbar gibt es unter den Konfliktparteien starke und skrupellose Gruppen, die kein Interesse an einem Ende der Gewalt haben und deshalb sogleich alle laufenden Bemühungen hintertreiben", sagte er. (APA, 23.1.2015)