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US-Kongress-Sprecher Boehner und Israels Premier Netanjahu 2011.

Foto: Reuters/Ernst

Eine schwere Verstimmung zwischen US-Präsident Barack Obama und Israels Premier Benjamin Netanjahu spielt in den israelischen Wahlkampf hinein. Obama will Netanjahu in Washington bei dessen Besuch im März nicht treffen. Begründung: Man empfange "prinzipiell" ausländische Politiker "nicht kurz vor deren Wahlen".

In Wahrheit handelt es sich wohl um eine Retourkutsche Obamas dafür, dass er nicht im Voraus über eine Einladung des republikanischen Kongressvorsitzenden John Boehner an Netanjahu informiert worden war. Netanjahu soll vor dem US-Kongress über das Thema Iran sprechen, was Obama schon deswegen nicht recht ist, weil Netanjahu sich in den USA für neue Sanktionen gegen Teheran einsetzt. Ob die Affäre Netanjahu innenpolitisch schaden oder nützen wird, bleibt abzuwarten.

Netanjahu verliert Vorsprung

Zentrales taktisches Ziel Netanjahus für den 17. März ist es, dass sein konservativer Likud die größte Partei bleibt. Doch das ist jetzt ungewiss: Jüngste Umfragen zeigen einen kleinen Vorsprung der Arbeiterpartei oder einen Gleichstand an. Aber auch wenn Yitzhak Herzog, Chef der Sozialdemokraten, am Ende die Nase vorn hat, bleiben die Chancen, dass er Netanjahu ablöst, gering. Denn wie man es auch dreht und wendet, kann Herzog nach dem jetzigen Stand keine auch nur halbwegs homogene Koalition zusammenstoppeln. In die nächste Knesset werden vermutlich zehn Fraktionen einziehen, und im Wahlkampf heißt es "Jeder gegen jeden".

Mit dem Ziel, die stärkste Fraktion zu stellen, hat Herzog sich mit der früheren Außen- und Justizministerin Zipi Livni zusammengetan, deren Zentrumspartei "Die Bewegung" im Zerfallen war. Um das breite Zentrum anzusprechen, tritt die Herzog-Livni-Liste jetzt unter der patriotischen Bezeichnung "Das zionistische Lager" an.

Herzog als Alternative

Herzog, der als uncharismatisch und weich gilt, gibt sich in Sicherheitsfragen betont kantig: "Einen kompromisslosen Krieg gegen den Terrorismus an jedem Ort, wo Israelis bedroht sind", kündigte Herzog diese Woche etwa nach dem Anschlag auf Buspassagiere in Tel Aviv an. Über eine eventuelle Mitarbeit in einer großen Koalition unter Netanjahu will er gar nicht spekulieren: "Die Frage ist: Will die Bevölkerung Netanjahu insgesamt zwölf Jahre als Premier? Hat man nicht genug davon? Daher biete ich eine Alternative zu Netanjahu an: Ich will ihn ablösen."

Im Gegenzug verspottet Netanjahus Kampagne "Buji" (Herzogs Spitzname) und "Zipi". In einem Spot sah man einen kopfschüttelnden Netanjahu, wie er einen Kindergarten beaufsichtigt: "Zipi, hör auf, dauernd hin- und herzulaufen!" - eine Anspielung auf Livnis häufige Parteiwechsel; und kommentiert: "Schade um die Zeit, es ist unmöglich, mit diesem Kindergarten weiterzumachen. Um einen Staat zu führen, braucht es eine starke und stabile Regierung." Der Spot wurde prompt verboten.

In einer Rede mokierte sich "Bibi" Netanjahu auch darüber, wer im Ernstfall einen Anruf Obamas beantworten würde, sollte das "Rote Telefon" mitten in der Nacht läuten: "Vielleicht Buji? Vielleicht Zipi?" Livni schoss zurück: "Die Frage ist nicht, wer antwortet, sondern: Wer ruft Sie überhaupt noch an? Bibi, niemand auf der Welt möchte mehr mit Ihnen reden." (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 24.1.2015)