Integrationsminister Sebastian Kurz will mehr Sanktionsmöglichkeiten für Lehrer.

Foto: Standard/Newald

Wien - Nach einigen SPÖ-Politikern denkt nun auch Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) über Sanktionen für Jugendliche nach, die mangelnden Willen zur Integration an den Tag legen. Lehrer sollten mehr Rechte erhalten, um sich durchzusetzen, meinte er am Samstag in "Kronen Zeitung" und "Zeit im Bild". Sie sollten Schüler verpflichten können, einen Dienst am Schulstandort zu leisten.

"Ich glaube, dass wir hier wieder mehr Möglichkeiten für Lehrer brauchen", so Kurz im ORF. Sie sollten auch die Möglichkeit haben, direkt Jugendamt und Polizei einzuschalten, wenn Jugendliche Radikalisierungstendenzen vermuten ließen, ergänzte er in der "Krone". Derzeit sei der Amtsweg zu langwierig.

Verwaltungsstrafen für Eltern

Und auch Eltern gegenüber solle die Handhabe verschärft werden, etwa, wenn sie nicht zu Sprechtagen kämen. "Ultima Ratio" wären Verwaltungsstrafen, so der Minister in der Zeitung. Auf die Frage, ob solche Bestimmungen denn nur für Bürger mit ausländischer Herkunft gelten sollten, meinte Kurz' Sprecher zur APA, man denke an "alle, die unsere Grundwerte verletzen".

Kurz will außerdem einen Ausbau der Sozialarbeit, mehr Beratungslehrer und Pädagogen sowie Radikalisierung als Thema bei der Lehrerausbildung.

Grüne: Xenophober Diskurs

Der grüne Bildungssprecher Harald Walser lehnt den Vorschlag des Integrationsministers in einer Aussendung am Sonntag ab. "Sogenannte 'integrationsunwillige' Schüler bestrafen zu wollen, ist nicht nur pädagogische Steinzeit, sondern auch ein bewusster Einstieg in einen xenophoben Diskurs", sagt er. Er sieht die Debatte von SPÖ und ÖVP als "Kampf um des rechte Spektrum". "Das auf Kosten von Kindern zu machen, ist perfide und stellt einen Tiefpunkt in den Aussagen der letzten Tage von SPÖ und ÖVP-Funktionären dar."

Unterstützung bekommt Kurz von Lehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG). "Meiner Ansicht nach geht das in die richtige Richtung", sagte er. Er räumte ein, dass solche Fälle eine absolute Minderheit seien, doch es gebe tatsächlich Schüler und Eltern, die die Zusammenarbeit einfach verweigern" Seiner Ansicht nach müssten solche Sanktionen aber natürlich auch für österreichische Eltern gelten, "die sich nicht um die Bildung und Ausbildung ihrer Kinder scheren". Es handle sich um ein "generelles Thema, das nun aufgesetzt auf der Integration" diskutiert werde. Zudem fordert der Lehrergewerkschafter einmal mehr ein gut etabliertes Support-System für die Kollegenschaft. Von der VP-nahen Schülerunion erhielt Kurz ebenfalls Zuspruch.

Strafen für "Integrationsunwillige"

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) hatte zuletzt Strafen für "Integrationsunwillige" gefordert. Sein Parteikollege, der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl unterstützte ihn. Der oberösterreichische SPÖ-Landesvorsitzende Reinhold Entholzer hat seinen Vorschlag einen Sozialdienst für "Integrationsunwillige" einzuführen, wieder zurückgenommen.

Gegen strafrechtliche Maßnahmen sprach sich ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner am Sonntag in der "Kleinen Zeitung" aus: "Ich würde nicht vorschnell Strafen verhängen. Das würde das Klima aufschaukeln." Außerdem halte er Anlassgesetz für problematisch. Justizminister Wolfgang Brandstetter sah ebenfalls am Sonntag im "Kurier" einen "gerichtlich strafbaren Tatbestand für Nicht-Integration" als nicht sinnvoll an - dies sei auch einhellige Experten-Meinung.

"Effekthascherei"

SOS Mitmensch sieht in den aktuellen Wortmeldungen "Effekthascherei". Man müsse Vorfälle an Schulen thematisieren, bei denen sich Schüler oder Eltern aus sexistischen Motiven respektlos gegenüber Mädchen oder Frauen verhalten. Die Art und Weise, wie dies die Landeshauptleute Voves und Niessl sowie Integrationsminister Kurz derzeit tun, sei jedoch unangemessen und kontraproduktiv, sagt Sprecher Alexander Pollak in einer Aussendung. "Sexismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, keines, das nur Migranten oder nur Menschen bestimmter Religionszugehörigkeit betrifft."

Expertengespräch zu Islamismus

Zu einem Expertengespräch über den Umgang mit Islamismus in der Schule lädt Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Montag. Unter dem Titel "Bildung und Extremismus" treffen rund 50 Experten im Ministerium aufeinander.

Eingeladen sind unter anderem Sozialwissenschaftlerin Edit Schlaffer, die dem Netzwerk "Sisters Against Violent Extremism" angehört. Auch Verena Fabris von der Beratungsstelle Extremismus des Familienministeriums ist beim Gespräch anwesend. NGOs wie die Caritas, die Kinder- und Jugendanwaltschaft, Schulpsychologen und Vertreter des "Dialogforum Islam" sind ebenfalls dabei. Zudem hat Heinisch-Hosek Eltern-, Lehrer- und Schülervertreter eingeladen.

Über die Ergebnisse der Gespräche will die Unterrichtsministerin noch am Montag informieren. (APA/koli, derStandard.at, 25.1.2015)