Bild nicht mehr verfügbar.
Alexis Tsipras, der 40-jährige Parteichef des linken Parteienbündnisses Syriza.
Den kleinen Haarwirbel trägt er immer noch, sorgfältig über der Stirnmitte mit Festiger platziert. Das soll ein wenig frech aussehen, auch wenn Alexis Tsipras die 40 gerade überschritten hat. "Geschichte schreibt man, in dem man ungehorsam ist", rief der Führer der linksgerichteten griechischen Parteienallianz Syriza bei der Abschlusskundgebung seines Wahlkampfs in Athen. Da wähnte sich "Sexy Alexis", wie er wegen seines guten Aussehens genannt wird, schon im Amt des Regierungschefs.
Die Haartolle ist kleiner geworden in den zwei Jahren seit dem fulminanten Aufstieg der 3,9-Prozent-Partei zum Sprachrohr der Sparkursgegner in Griechenland. 2012 verlor Tsipras nur knapp die Parlamentswahlen. Er wollte es so, sagten politische Beobachter in Athen. Das linke Parteienbündnis, in dem Öko-Marxisten, Trotzkisten und Pro-EU-Linkssozialisten zusammenleben, fühlte sich noch nicht bereit zur Regierungsübernahme.
Tsipras nutzte die Zeit, knüpfte Kontakte in den Hauptstädten der EU, schob Syrizas Programmatik etwas in Richtung Mitte. Und er ließ keinen Moment einen Zweifel, dass er Anfang 2015 Neuwahlen erzwingen werde - wenn das Kreditprogramm der EU mit seinen Sparvorgaben auslaufen würde. Aller feurigen Rhetorik zum Trotz hat sich der gebürtige Athener als kühler Taktiker bewiesen.
Dick aufgetragene Worthülsen
Nicht wenige Griechen rollen mit den Augen, wenn sie Tsipras' Stimme hören. Das Sozialpathos erscheint ihnen zu dick aufgetragen, das Sprechen in Hülsen zu einstudiert. Tatsächlich hat Tsipras nie etwas anderes getan. Seit seinen Schultagen im Athener Stadtteil Abelokipi, einem Mittelklasseviertel im Zentrum der Hauptstadt, agitiert er, organisiert, schwingt Reden: zuerst für die kommunistische Jugend, dann für die Reformsozialisten von Synaspismos, die sich nach der Wende von 1989 gründeten. Seine Lebensgefährtin Betty Batsiana trifft er dort. Mit ihr hat er zwei kleine Söhne. Batsiana gilt als die stille Kraft hinter dem rastlosen Tsipras.
2006 tritt der studierte Städteplaner als Bürgermeisterkandidat in Athen an und macht von sich hören: Seine 10,5 Prozent, die er aus dem Stand erreichte, waren bereits ein Zeichen für den Überdruss der Griechen an den etablierten Parteien Pasok und Nea Dimokratia. Tsipras wird 2009 Chef von Syriza, in die sich Synaspismos eingliederte. Er ist der erste führende Politiker, der nach dem Sturz der Junta 1974 geboren wurde. (Markus Bernath, DER STANDARD, 26.1.2015)