Weibliche Geschlechtshormone haben einen starken Einfluss auf die Psyche. Das ist durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt und durch Phänomene wie den "Baby-Blues", einem Stimmungstief nach der Geburt eines Kindes, oder durch immer wiederkehrende Stimmungsschwankungen, die vor der Menstruation auftreten, bekannt.

Aber auch das männliche Geschlechtshormon Testosteron beeinflusst unsere Stimmung und unser Gefühlsleben bis hin zur Libido - und zwar positiv. In einer im Journal "Biological Psychiatry" veröffentlichten Studie haben Forscher der MedUni Wien nun einen potenziellen biologischen Mechanismus für diesen Zusammenhang entdeckt.

Zusammenhang mit Depression

Männer leiden in höherem Alter, wenn die Ausschüttung des Geschlechtshormons Testosteron abnimmt, häufiger an Depressionen und einige Studien konnten bereits einen positiven Effekt einer Testosterongabe auf die Stimmung der Betroffenen nachweisen. Nun konnte weltweit erstmals gezeigt werden, dass Testosteron die Anzahl von Serotonintransportern (Proteinen) im menschlichen Gehirn erhöht. Diese Proteine regeln die Konzentration von Serotonin und sind auch der Zielort von Antidepressiva.

Als Modell für die Untersuchung der Testosteronwirkung wählten die Forscher der MedUni Wien die Hormontherapie von Transsexuellen. "Transsexuelle sind Menschen, die das Gefühl haben, im falschen Körper zu leben und deshalb eine hochdosierte gegengeschlechtliche Hormontherapie wünschen, um ihr Erscheinungsbild an das jeweils andere Geschlecht anzupassen", sagt Erstautor Georg S. Kranz. Genetische Frauen erhalten Testosteron, genetische Männer Östradiol sowie Medikamente zur Unterdrückung von Testosteron.

Neue Einblicke

Mithilfe des Bildgebungsverfahrens der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) konnten die Wissenschafter nachweisen, dass der Serotonintransporter im Gehirn bereits nach vierwöchiger Hormontherapie mit Testosteron signifikant erhöht ist und bei fortlaufender Therapie weiter ansteigt. Ferner konnte ein enger Zusammenhang zwischen Testosteron im Blut und der Serotonintransporterdichte nachgewiesen werden.

"Die Studie hat gezeigt, dass Testosteron die möglichen Bindungsstellen für häufig verschriebene Antidepressiva wie SSRIs im Gehirn erhöht", sagt Siegfried Kasper, Leiter der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien. Die Ergebnisse sollen Einblicke in die Wirkung von Geschlechtshormonen auf das menschliche Gehirn und Geschlechtsunterschiede bei psychiatrischen Erkrankungen erlauben. (red, derStandard.at, 26.1.2015)