Graz - Wer am Dienstag in Graz den Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust begehen wollte, konnte das in Kunstinstitutionen wie dem Literaturhaus oder - mit Einladung - in der Synagoge. Doch die Veranstaltungen überschnitten sich teilweise zeitlich, und eine offizielle Veranstaltung der Stadt Graz gab es gar nicht.

Besucher einer Lesung im Kunstverein Rotor, wo Historikerin Victoria Kumar aus Biografien von Grazer Juden las, machten ihrem Ärger darüber Luft. Sie trafen bei anwesenden Kommunalpolitikern von SPÖ, Grünen und KPÖ auf offene Ohren.

Grünen-Stadträtin Lisa Rücker machte ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl dafür verantwortlich. Auf STANDARD-Nachfrage am Mittwoch hieß es aus dem Büro Nagl, dass "Gedenkfeiern in Graz traditionell zu Allerheiligen und am 9. November stattfinden, andere Gedenktage begehen verschiedene staatliche Ebenen". Zudem gebe es heuer am Tag vor dem 8. Mai, also 70 Jahre nach Kriegsende, einen öffentlichen Sondergemeinderat mit prominenten Gästen.

"Den gäbe es auch nicht, wenn ich nicht darum gekämpft hätte wie um die Stolpersteine", meint dazu Rücker, die als Kulturstadträtin mit der Gedenkkultur ihrer Stadt "sehr unzufrieden" ist und verspricht, "dass das nächstes Jahr anders sein wird". (cms, DER STANDARD, 29.1.2015)