Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, heißt es. Wobei, im Fall von Alexander Wiktorowitsch Choroschilow könnte man Michail Gorbatschows Diktum mit einem wienerischen "ollerwei" kontern. Es gibt nämlich für einen alpinen Skirennläufer, Abteilung Stangenwald, Schlimmeres, als das sogenannte Nightrace auf der Planai zu Schladming zu gewinnen - auch abgesehen vom Preisgeld in Höhe von rund 30.000 Euro.

Freilich hätte es sich deutlich mehr gelohnt, wenn der wegen seiner offen getragenen Haare etwas älter wirkende 30-jährige Familienvater Choroschilow seinen ersten Sieg schon vor rund elf Monaten gefeiert hätte. Damals, im olympischen Heimslalom von Sotschi, belegte er nur Rang 14. Gold trug Mario Matt vor Marcel Hirscher davon, am Dienstagabend lagen beide, wie der Rest des Feldes auch, um Welten hinter dem Premierensieger aus Russland.

Im äußersten Osten des mächtigen Landes kam Choroschilow zur Welt, in der Stadt Jelisowo auf der Halbinsel Kamtschatka, die nicht zuletzt für riesenhafte Braunbären bekannt ist, weshalb sich sportliche Ertüchtigung wie der Langlauf zum Beispiel nur unter Bewaffnung empfiehlt. Daher war bisher auch der zweimalige Biathlonweltmeister Dmitri Jaroschenko der bekannteste Sportler aus Jelisowo.

Alexander Wiktorowitsch, dessen Großvater und Vater Leichtathleten waren, erlernte den alpinen Skilauf, der in Hinblick auf Sotschi stark gefördert wurde, zumal ja Karl Schranzens Freund Wladimir Putin selbst als gewandter Wedler gilt.

Für Sotschi wurde allerhand ausländisches Know-how benötigt. So machte der Steirer Wolfgang Mitter den alpinen Rennchef bei Olympia. Als alpiner Koordinator des russischen Skiverbandes sorgt Mitter jetzt dafür, dass Choroschilow während der Saison in Ramsau optimale Lebens- und um Ramsau herum zusammen mit seinem slowenischen Coach Jan Hladnik auch ordentliche Trainingsbedingungen vorfindet. Zuweilen trifft man auch Hirscher auf der Reiteralm.

Schwer fällt dem ersten russischen Weltcupsieger seit Alexander Schirow, der 1981 den Riesentorlauf in Laax gewann, allerdings die Trennung von Ehefrau Maria und Tochter Anna, die in der Nähe von Moskau daheim sind. Mit Anna ging Maria während der Spiele von Sotschi schwanger, der Kopf des werdenden Vaters war da nicht frei gewesen. Auch deshalb fand Alexander Choroschilow erst mit teurer Verspätung zum Sieg. (Sigi Lützow, DER STANDARD, 29.1.2015)