Bild nicht mehr verfügbar.

Ministerpräsident Matteo Renzi (Mi.) schreitet zur Wahl.

Foto: EPA/ALESSANDRO DI MEO

Im italienischen Polit-Poker um die Wahl eines Nachfolgers für den zurückgetretenen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano hat Matteo Renzi gestern seine erste Karte aufgedeckt: Kurz vor Beginn des ersten Wahlgangs hat der Regierungschef den mehrfachen ehemaligen Minister und Verfassungsrichter Sergio Mattarella als offiziellen Kandidaten seines sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) auf den Schild gehoben. In einer Konsultativabstimmung haben die zuvor zerstrittenen PD-Abgeordneten und –Senatoren die Kandidatur einstimmig gutgeheißen.

Bei Silvio Berlusconi dagegen hat die Nominierung Mattarellas Enttäuschung und Frust ausgelöst. Der vorbestrafte und mit einem Ämterverbot belegte Ex-Premier hatte mit Renzi einen "Pakt für Reformen" geschlossen und den jungen Regierungschef in den letzten Monaten mit seiner Forza Italia bei der Arbeitsreform und beim neuen Wahlgesetz im Parlament mehr oder weniger loyal unterstützt. Bei den Präsidentenwahlen erhoffte er sich nun eine Belohnung in der Gestalt eines neuen Staatsoberhaupts, das ihm wohlgesinnt wäre und ihn vielleicht sogar begnadigen würde.

Der 73-jährige Mattarella entspricht diesem Profil eher nicht: Der Sizilianer, dessen Bruder Piersanti Mattarella im Jahr 1980 als Bürgermeister von Palermo von der Cosa Nostra ermordet worden war, hatte sich als Kämpfer gegen die Mafia profiliert und war in seiner politischen Karriere ein paar Mal mit Berlusconi auf Konfrontationskurs gegangen. So trat Mattarella beispielsweise im Jahr 1990 als Minister zurück - aus Protest gegen ein Gesetz, welches das Privat-TV-Monopol des aufstrebenden Unternehmers Berlusconi nachträglich legalisierte.

Berlusconi hat sich die Nominierung Mattarellas aber selbst zuzuschreiben – der Ex-Cavaliere hat sich ganz einfach verzockt. Renzi hatte mit ihm ausgiebig über mögliche Kandidaten diskutiert und mehrere Vorschläge gemacht, dabei aber offenbar nur Absagen erhalten. Laut Medienberichten bestand der Ex-Premier auf der Wahl des ehemaligen Ministerpräsidenten Giuliano Amato, einst enger Vertrauter des Skandal-Sozialisten Bettino Craxi. Das war für Renzi ganz einfach nicht annehmbar.

Allerdings: Ob die Renzis Karte Mattarella sticht, werden die Italiener wohl erst nach dem vierten Wahlgang am Samstag wissen, wenn für eine Wahl nicht mehr eine Zweidrittelmehrheit, sondern nur noch die absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich sein wird. Auch dann wird der PD noch Unterstützung von anderen Parteien benötigen – das Zittern geht also weiter. Am Donnerstag haben die meisten PD-Abgeordneten einen leeren Stimmzettel in die Urne gelegt – und so lagen am Ende des ersten Wahlgangs aussichtslose Kandidaten von Kleinparteien vorne. (Dominik Straub aus Rom, derStandard.at, 29.1.2015)