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Die Anpassung von All-in-Verträgen bei Elternteilzeit ist ein in vielen Betrieben umstrittenes Thema. Denn wenn keine Überstunden mehr geleistet werden, sollten sie auch nicht entlohnt werden.


Foto: Arno Burgi/dpa

Wien - Bei einer All-in-Vereinbarung sind die anfallenden Überstunden durch das Entgelt des Mitarbeiters bereits abgedeckt. Die Arbeitsvertragsparteien haben dabei in der Regel eine Vorstellung von der "richtigen" Äquivalenz von Arbeitszeit (inklusive Überstunden) und Entgelt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien davon ausgehen, dass für das All-in-Entgelt auch tatsächlich Überstunden geleistet werden.

Wenn nun Väter oder Mütter ihren zwingenden Anspruch auf Elternteilzeit gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen und tatsächlich keine Mehr- oder Überstunden mehr leisten, stellt sich die Frage nach der Anpassung des All-in-Entgeltes. Wenn man das All-in-Entgelt in dem Verhältnis kürzt, in dem Vollzeit und Elternteilzeit zueinander stehen (z. B. um 50 Prozent bei einer Elternteilzeit von 20 Stunden pro Woche), kann es zu einer vom Arbeitgeber als unfair empfundenen Äquivalenzstörung kommen. In der Praxis haben die Arbeitsvertragsparteien diesen Fall eigentlich nie vorhergesehen und nicht geregelt.

Außerhalb der Elternteilzeit kann der Arbeitgeber auf eine solche Äquivalenzstörung reagieren, indem er die Mehrarbeit einfordert und im Fall der Verweigerung entsprechende Sanktionen, bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, in Erwägung zieht. Während der Elternteilzeit ist dies nicht möglich, weil ein sehr starker Kündigungsschutz besteht. Das Risiko der geänderten Verhältnisse, nämlich der Störung der Äquivalenz durch die Elternteilzeit, würde also der Arbeitgeber tragen, wenn es keine Korrekturmöglichkeit gibt.

Nun gilt aber im Arbeitsrecht der Grundsatz "Ohne Arbeit kein Entgelt". Nur bei besonderen Umständen hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, auch wenn er keine Dienstleistungen erbringt. Dafür muss es eine Grundlage im Kollektivvertrag oder Gesetz geben - wie im Krankheitsfall oder im Urlaub. Für den Entgeltanspruch während der Elternteilzeit gibt es eine vergleichbare Regelung jedoch nicht.

Zur Lösung kann (in Analogie) eine Regel für werdende Mütter herangezogen werden. In § 14 Mutterschutzgesetz hat der Gesetzgeber festgelegt, dass der Arbeitgeber während der Beschäftigungsverbote des Mutterschutzgesetzes das durchschnittliche Entgelt weiterbezahlen muss. Das ist also eine gesetzliche Durchbrechung des Grundsatzes "Ohne Arbeit kein Entgelt". Dies gilt nach der herrschenden Judikatur aber nicht für Überstunden (OGH 26. 2. 2004, 8 ObA 124/03y). Diese müssen also nicht ersetzt werden. Das bedeutet, dass die Gesetzgebung und Judikatur in diesem Fall auch einen Wegfall der Überstundenentlohnung als richtig ansehen.

Aus meiner Sicht ist diese Regel - aus einem Größenschluss - auch für die Fälle der Elternteilzeit anwendbar: Was für werdende Mütter richtig ist, muss auch für junge Eltern richtig sein. Das bedeutet, dass grundsätzlich auch eine All-in-Vereinbarung von diesem Prinzip betroffen sein könnte und während der Elternteilzeit eine Kürzung vorgenommen werden könnte, wenn durch einen Wegfall der Überstunden eine Äquivalenzstörung vorliegt. Voraussetzung für die Korrektur der Störung der Äquivalenz ist aber, dass die Äquivalenz dokumentiert ist. Mit anderen Worten: Die Erwartungshaltung der Arbeitsvertragsparteien, dass Überstunden geleistet werden und dass das All-in-Entgelt diese Überstunden abgelten soll, muss dokumentiert sein.

Durchschnittswert nehmen

Für die Korrektur wäre es sinnvoll, den Durchschnittswert der bisher geleisteten Überstunden heranzuziehen - beispielsweise den Durchschnitt der letzten zwölf Monate. Der Wert der einzelnen Überstunde für die Korrektur muss aus dem Einzelfall abgeleitet werden, im Zweifel ist das kollektivvertragliche Mindestentgelt für die Normalarbeitszeit als Basis für den Wert einer Überstunde heranzuziehen. Mit diesem Ansatz kann das Entgelt während der Elternteilzeit auf eine faire Weise den tatsächlichen Verhältnissen angepasst werden. Danach gilt wieder die ursprüngliche Entgeltregelung. (Ralf Peschek, DER STANDARD, 2.2.2015)