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Sheika und Pepi Gramshammer vor dem Hotel Gasthof Gramshammer. Am 18. Dezember 1964 war Eröffnung, die ersten Gäste halfen mit, Möbel in die Zimmer hinaufzutragen.

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Gramshammer fuhr fünf Saisonen im Nationalteam.

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Pepi und Sheika haben sich Anfang der Sechziger ineinander und in Vail verliebt. Beide Lieben dauern an.

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Vail - "You must buy land, hob i an jeden g'sagt." Pepi Gramshammer spricht eine eigene Sprache, tirolerisches Englisch, englisches Tirolerisch, oft springt er mehrmals im Satz hin und her. Er wedelt, wenn man so will. Aber das passt schon, natürlich passt es. Beim Pepi (82) hat sich im Laufe der Jahre alles vermischt, das hört man, und das sieht man auch, wenn man ihn in seinem Hotel Gasthof Gramshammer besucht.

Der Gasthof steht auf einem Stück Land, das Gramshammer gekauft hat, im heutigen Zentrum von Vail, Colorado, wo der East Gore Creek Drive und die legendäre Bridge Street aufeinandertreffen. Die Fassade ziert ein aufgemalter Tiroler Adler. Vor kurzem, exakt am 18. Dezember, haben die Gramshammers das 50-jährige Bestehen des Gasthofs gefeiert, und jetzt feiern sie schon wieder. Zum dritten Mal nach 1989 und 1999 steigt die alpine Ski-WM in Vail, am Montag wird sie eröffnet.

Die allermeisten Bewerbe finden diesmal nicht vor der Haustüre statt, nicht auf den Pisten von Vail, wo eine Passage sogar "Pepi's Face" genannt wurde, sondern im Nachbarort Beaver Creek - doch das macht Gramshammer nichts aus. Schließlich zieht das "Österreich-Haus" der Wirtschaftskammer und des Skiverbands zum dritten Mal bei ihm im Gasthof ein. Offiziell soll es "Haus Ski Austria" heißen, aber das kann sich genauso wenig durchsetzen wie der Josef, der Gramshammers offizieller Vorname ist.

Im Schatten von Sailer

Der Pepi ist immer der Pepi gewesen. 1932 in Kufstein geboren, hat er als Zehnjähriger mit dem Skifahren begonnen, mit 17 übersiedelte er in die Landeshauptstadt, um sich der Innsbrucker Skiläufer-Vereinigung anzuschließen, die bessere Trainingsbedingungen verhieß. Die Lehre zum Käser schloss der Pepi ab, mit 20 kam er als Riesenslalom-Zweiter in Innsbruck erstmals in einem FIS-Rennen aufs Stockerl. 1955 schaffte er den Sprung ins Nationalteam, die Prüfung zum staatlichen Skilehrer schaffte er auch.

Pepi Gramshammer stand nicht wirklich in der ersten Reihe, und er stand im Schatten von Toni Sailer, aber da standen die anderen auch. Seine besten Resultate gelangen ihm bei schwächer besetzten FIS-B-Bewerben, so verpasste er die Qualifikation für die WM 1958 in Bad Gastein. Mag sein, das hat ihn schon gewurmt, so richtig wurmte ihn aber erst die Nichtberücksichtigung für die Olympischen Spiele 1960 in Squaw Valley. In nämlichem Winter drehte er erst zu Saisonende auf, als er Riesenslalom und Kombination in Madonna di Campiglio gewann. Was Olympia anging, fühlte er sich so oder so ausgebootet, und wenn ein Besucher nachbohrt, bricht es immer noch aus Gramshammer heraus: "Rausgeworfen bin ich worden, einfach rausgeworfen."

Abschied von Österreich

Er war immer schon gerne unterwegs gewesen. In den Sommermonaten ging der Pepi regelmäßig als Skilehrer, oft unterrichtete er auf dem Stilfser Joch in Südtirol, wir reden von einer Zeit, als Gletscher noch Gletscher waren. Einen Sommer verbrachte Gramshammer in Australien, was den Vorteil hatte, dass im Sommer dort Winter war. Nun, nach der Kränkung, hielt ihn nichts mehr in Österreich. Außerdem gab es in den USA schon eine relativ lukrative Profitour, der sich Gramshammer anschloss.

Und es gab, wie er sagt, "connections" zu einigen Landsleuten, zum Beispiel jene zum Kitzbüheler Siegfried Engl, der in Sun Valley, Idaho, die Skischule leitete. Pepi träumte freilich davon, sein eigener Herr zu werden, also überlegte er nicht lange, als ihm 1962 angeboten wurde, einen Wintersportort in Colorado zu repräsentieren, der gerade erst aus dem Boden gestampft wurde. Und als er sich in Vail erstmals umgesehen hatte, habe er gewusst: "Das wird was." So gut gefiel es ihm, dass er bald daran dachte, dort auch sesshaft zu werden.

Nachdem er im Jänner 1963 bei einem Rennen in Aspen eine Landsfrau, die junge Villacherin Sheika Moser, kennengelernt hatte, wurde der Gedanke zum Plan. Pepi und Sheika verliebten sich ineinander, im Februar 1964 wurde geheiratet. Und Pepi, der auf der Profitour nicht schlecht verdiente, kaufte Grund im Zentrum von Vail. Zentrum war damals noch relativ. Das Haus, das die Gramshammers an die Ecke Gore Creek Drive und Bridge Street stellen ließen, stand dort quasi allein auf ziemlich weiter Flur.

Gasthof statt Sportgeschäft

Pepi wollte zunächst ein Sportgeschäft aufmachen, doch fast das Einzige, was es in Vail bereits gab, war ein anderes Sportgeschäft - mit einem Exklusivrecht für drei Jahre. Also doch "Hotel Gasthof Gramshammer". Pepi und Sheika wollten unbedingt vor Weihnachten 1964 eröffnen, am 18. Dezember war es so weit, auch wenn die Bar nicht rechtzeitig fertig geworden war. Die ersten Hotelgäste halfen mit, Möbel in ihre Zimmer hinaufzutragen. Sheika stammte aus einer Gastwirtfamilie, sie hatte als Model und Tänzerin u. a. in Las Vegas gearbeitet. Da Pepi in den ersten Jahren noch viel unterwegs war, fiel es ihr zu, das Hotel zu führen. Sheika absolvierte einen sechsmonatigen Managementkurs in Denver, der Rest war Learning by Doing.

Der Gasthof umfasst mittlerweile 38 Hotelzimmer, darunter sechs Suiten und ein Penthouse. Pepi's Bar, Pepi's Restaurant und Pepi Sports kommen dazu; Pepi Sports ist ein Sportartikelgeschäft, das die Gramshammers mit etwas Verspätung doch noch aufgesperrt haben. In den Stuben und in den Zimmern legen sie Wert auf Gemütlichkeit, in Werbetexten heißt es, man verbinde europäisches Flair mit amerikanischem Komfort. Nicht alle Gäste, das geht aus den Online-Bewertungen hervor, sind restlos begeistert. Was das angeht, zitiert Sheika Gramshammer gerne den früheren US-Präsidenten Gerald Ford - er war einer von Pepis besten Freunden, und Pepi war einer der Sargträger bei Fords Begräbnis. "Ich bin kein Lincoln, ich bin ein Ford", hätte Ford laut Sheika gesagt. "Hier verhält es sich ähnlich. Wir sind kein Fünfsternehotel, wir sind ein Gasthof."

Und Pepi ergänzt: "Ich wollte immer jemand sein und zeigen, was ich draufhabe." Im Hotel, im Gasthof und in der Bar arbeiten längst die erwachsenen Töchter Kira und Sheika jun. mit. Ganz zurückziehen wollen sich die Altvorderen aber nicht. Gramshammer will unter den Leuten sein, Schmäh führen, seine Geschichten erzählen. Die Promis, zumindest die österreichischen, werden sich bei der WM wieder die Türklinke in die Hand geben. Dem Pepi taugt das, und er freut sich auf viele Zuhörer. Nur ab und zu sagt er, dass er "nicht mehr der Jüngste" ist. Doch in zwei Wochen zieht der Tross ja wieder weiter. Der Pepi bleibt da - im Zentrum, dessen Zentrum er ist. (Fritz Neumann - DER STANDARD 2.2. 2015)