Relativ zu Beginn des Kölner "Tatort: Freddy tanzt" liegt Kommissar Ballauf im Bett. Es ist Sonntagmorgen, es klingelt, er klaubt sich die Ohropax aus den Ohren und zieht die Schlafbrille von den Augen. Nichts hören und nichts sehen wollen - das ist angesichts dessen, was in diesem "Tatort" passiert, eine verständliche Reaktion.

Foto: ORF/ARD/Martin Valentin Menke

Ein junger Musiker (Typ: verkanntes Genie), der auf der Straße gelebt hat, wird brutal verprügelt und stirbt an den Folgen. Schwer verletzt hatte er sich noch in ein Wohnhaus der nobleren Sorte flüchten können, wo ihm aber offensichtlich niemand zu Hilfe kam.

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Es reicht Autor Jürgen Werner und Regisseur Andreas Kleinert aber nicht, dieses Opfer von Brutalität und Ignoranz zu Grabe zu tragen. Es muss auch noch die ganze bundesdeutsche Dekadenz mit in die Geschichte: Frauen, die das Haus nicht mehr verlassen, weil draußen der gewalttätige Exmann lauert.

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Alleinerziehende Frauen, die sich prostituieren, um ihren Lebensstandard halten zu können. Männer, die ihre Homosexualität verleugnen müssen, weil sie sonst ihren Job riskieren.

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Garniert wird das Ganze mit degenerierten, sozial (und offenbar auch hinsichtlich ihrer Potenz) inkompetenten Bankern, die arbeiten, bis der Arzt kommt. Und Max Ballauf kennt seine Nachbarin nicht, obwohl sie seit Jahren im selben Haus wohnt!

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Um ein in Deutschland zunehmend beliebtes Diktum zu verwenden: Ja, das alles gehört zu Deutschland. Muss man es trotzdem in einen einzigen "Tatort" packen? Nein, muss man nicht. Zumal dann nicht, wenn man ein tolles Ensemble (Ursina Lardi!) hat und wunderbare Szenen wie jene, in der Dietmar Bär als Freddy Schenk tanzt. Ganz allein. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 2.2.2015)

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"Ein solider, aber auch sehr berechenbarer Tatort, der gelegentlich mit Fremdscham-Attacken überrascht", findet Holger Gertz in der Süddeutschen Zeitung.

"In seinen besseren Momenten ist diese Episode ein schönes Stück zum Thema Rettung und Versklavung durch Kunst. In seinen schlechteren Momenten ein prätentiöses Panorama über die, nun ja, Kälte zwischen den Menschen", findet Christian Buß im Spiegel.

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