Mit diesem Coverbild wollte "Newsweek" auf den männlichen Blickwinkel im Silicon Valley anspielen, erntete aber viel negatives Feedback.

Screenshot: newsweek.com

Am 28. Jänner publizierte das amerikanische Magazin "Newsweek" einen Artikel zum Thema Sexismus in der IT-Branche. Im Fokus steht das Silicon Valley, die Wiege der US-IT-Branche, und die Schwierigkeiten für Frauen, dort Fuß zu fassen. Erzählt wird unter anderem die Geschichte zweier Start-up-Gründerinnen, die trotz des Interesses großer Firmen wie Twitter an ihrem Projekt deutlich weniger Investitionskapital lukrieren konnten als viele männliche Kollegen.

Ein Text, der einige Zustimmung erntete, etwa von Alexia Tsotsis bei Techcrunch. Doch Schlagzeilen machte der Artikel nicht aufgrund seines Inhalts, sondern der Bebilderung durch "Newsweek" wegen, die ihn zur Coverstory erhoben hatte. Auf dem Aufmacher: die Illustration einer Frau ohne Gesicht in einem knappen roten Kleid, dessen Rock hinten von einem großen schwarzen Mauszeiger "gelüftet" wird.

Guter Text ...

Nachdem sich schon viele Medien des Problems angenommen hätten, meint Tsotsis, sei "Newsweek" "spät auf den Zug aufgesprungen". Sie gibt dem Text aber inhaltlich recht und schildert, dass Frauen im Valley häufig diverse Horrorgeschichten über diskriminierende Erfahrungen austauschten. So oft, dass es schon fast "absurd" sei.

Ein Problem der Branche sei, dass die Leute an der Spitze des "männlich dominierten Systems" kaum mit Frauen als Arbeitskollegen konfrontiert sind und ihr Umgang mit dem anderen Geschlecht auf ihre Frauen, Töchter und vielleicht Assistentinnen beschränkt ist.

... problematische Titelseite

Doch das Cover des Artikels sei ein "Schlag in die Magengrube". Frauen als Geschlecht seien in der Geschichte immer wieder vergegenständlicht worden. Im IT-Geschäft sei dies kaum anders – Männer gelten als "visionäre Gründer" oder "Programmier-Rockstars", Frauen wie die Yahoo-Chefinnen Marissa Mayer oder Carol Bartz hingegen betrachte man als "Opfer" oder "Verführer". Die kalifornische Heimat der Techindustrie habe bis dato noch keinen weiblichen Bill Gates, Mark Zuckerberg oder Travis Kalanick (Anm.: Gründer von Uber) hervorgebracht.

Auch die Illustration, obwohl auch laut "Newsweek" eigentlich als Anspielung auf den Blickwinkel der Männer im Valley gedacht, mache Frauen zum Objekt und trivialisiere die Anstrengungen, die Frauen für den Fortschritt in Sachen Gleichberechtigung bis heute unternommen hätten.

Auf Sex reduziert

Ähnlich sieht das auch Rachel Sklar, Betreiberin der Kampagne "Change The Ratio", bei Today.com. Inhaltlich sei der "Newsweek"-Artikel einer von einer mittlerweile "lächerlich großen Sammlung von Datenpunkten", die in ihrer Gesamtheit deutlich machen, dass es ein Problem gibt. Immerhin habe sich die Diskussion aber mittlerweile von der ahnungslosen Frage "Wo sind die Frauen im Valley?" hin zu "Warum ist das Umfeld so schlecht für Frauen?" verschoben.

Wenngleich ein Cover natürlich gemacht sei, um Aufregung zu erzeugen, reduziere diese Bebilderung Frauen erst recht wieder auf eine Sache: Sex. Dabei sei das Thema viel komplexer. Dabei verweist auch sie auf das Problem mit Risikokapitalgebern, die lieber in die Ideen männlicher Bewerber investieren, selbst wenn deren Präsentation ident zu der einer weiblichen Gründerin ist. Die Lage verbessere sich zwar langsam, die Frauenquote in vielen Unternehmen im Silicon Valley sei aber immer noch erschreckend niedrig.

"So wird die Revolution nicht beginnen"

Weitere Reaktionen hat der TV-Sender NBC gesammelt. "Newsweek" hatte den Artikel auch über Twitter verbreitet und dort mit den Worten "Es braucht eine Revolution, um dem verkommenen und systematischen Sexismus im Silicon Valley beizukommen" kommentiert.

"Nun, 'Newsweek'", antwortete die feministische Seite Jezebel in einem Artikel, "so wird die Revolution aber nicht beginnen." (Georg Pichler, derStandard.at, 02.02.2015)